Rechtsanwalt Wolf J. Reuter

Jacobsen Rechtsanwälte Rechtsanwaltsgesellschaft mbH
10707, Berlin
31.03.2012

Sorry, no fuel – wie man richtig streikt

Zwei Tage London sind auch dann herrlich, wenn man beruflich unterwegs ist. Man kann nebenbei auch eine Menge über Techniken des Arbeitskampfes lernen. Wir hatten ja in Deutschland einen Eindruck von stillgelegten Flughäfen, Straßenbahnen und Krankenhäusern. Aber diese Arbeitskämpfe sind langweilig – und von vorgestern. So was von altmodisch!

Frank Bsirske muss trotz seines atemberaubenden Abschlusses auch mal nach London, um dazuzulernen. Denn alle Streiks in Deutschland waren deshalb so altmodisch, weil tatsächlich gestreikt werden musste. Oh je.

In England muss man nicht streiken. Unite – eine Gewerkschaft, die unter anderem Tanklastfahrer vertritt, die Sprit an die Tankstellen schaffen – hatte am letzten Donnerstag den Streik nur angedroht. In Aussicht gestellt. Mehr nicht.

Das war gutes Timing. Das Wochenende war in greifbarer Nähe. 25 Grad im Süden Englands (konnte man in Berlin nur träumen von so was). Nur die langen Schlangen an den Tankstellen irritierten. Sie kamen daher, dass die Streikwarnung die Autofahrer zu Wahnsinnskäufen trieb. Sie wollten am Wochenende nicht auf dem Trockenen sitzen. Und auf die Fahrt nach Devon, Brighton oder Bath zu verzichten. 177% Nachfragesteigerung überlasteten die Infrastruktur der Lieferkette derart, dass im Großraum London der Sprit alle war. Das Mietfahrzeug ging gestern leer zurück – wegen dieses allgegenwärtigen Schildes:

Dieselfahrer traf es besonders hart, weil davon weniger bevorratet war.

Die nationale Katastrophe, im Nachhinein als „Self-Inflicted Insanity“ bezeichnet, wurde ohne Streik bewerkstelligt. Keiner hat einen Finger gerührt. Trotzdem wurde das ganze Land ins Mark getroffen.

So einfach geht das.