Rechtsanwalt Wolf J. Reuter

Jacobsen Rechtsanwälte Rechtsanwaltsgesellschaft mbH
10707, Berlin
30.08.2010

Sexfotos in kirchlichen Einrichtungen mit Kündigung ahnden?

Das pralle Leben hat - wie so oft - im Rheinland wieder zugeschlagen. Der Sachverhalt ist einfach. Die Arbeitnehmerin hat sich mit ihrem Freund abgelichtet oder ablichten lassen. Beim Geschlechtsakt. Meist wird das als “Pornographie” bezeichnet (wir halten uns zurück) und diese Fotos veröffentlicht - im Internet, und das vor Jahren. Aber das Netz vergisst nichts. Ihr Arbeitgeber erfuhr das und mahnte sie ab (!), zusätzlich sollte sie die Fotos aus dem Netz entfernen (wer sich ein wenig auskennt, weiß, dass das eine naive Forderung ist, denn einen digitalen Radiergummi gibt es eben nicht). Wie stets würden wir die Abmahnung zu gerne mal sehen, sie muss ein Musterbeispiel an Formulierungskunst sein. Weil sich aber nicht alles entfernen ließ, fand die Chefebene irgendwann immer noch ein paar der Fotos im Netz (wir stellen uns vor, wie das ganz zufällig passiert ist). Und kündigte. Fristlos. Weil der Arbeitgeber eine kirchliche Einrichtung ist, hat die Sache natürlich ein weiteres Alleinstellungsmerkmal. Leider haben sich die Parteien verglichen. Der Fall berührt einen Dauerbrenner: Wie weit darf sich der Arbeitgeber eigentlich in das Privatleben seiner Mitarbeiter einmischen? Die Frage hat zu viele Facetten für eine pauschale Antwort. Kündigungsrechtlich muss jede Kündigung aber - wenn sie verhaltensbedingt ist - an eine vertragliche (Neben-)Pflichtverletzung anknüpfen. Es muss, will man hier kündigen, also eine solche Pflicht erst einmal geben. In Fällen wie diesem kommt eigentlich nur eine Rücksichtnahmepflicht in Betracht, das private Verhalten so auszurichten, dass das Ansehen des Arbeitgebers in der Öffentlichkeit nicht geschädigt wird. Andererseits ist die Rechtsprechung sehr zurückhaltend dabei, solche Pflichten allzu sehr ins Private auszudehnen. Im vergangenen Jahr hat das BAG die diesbezüglich strengeren Anforderungen an Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes gekippt und sie denjenigen der Privatwirtschaft gleichgestellt. Aber wie wirken sich Pornofotos einer Mitarbeiterin überhaupt auf den Betrieb aus? Auch das lässt sich sicher nicht pauschal beantworten, es mag auch davon abhängen, wie identifizierbar sie ist (tritt sie unter einem Klarnamen auf und gibt sie an, wo sie arbeitet, oder hat sie einen –ahemm…Künstlernamen, z.B. Suzie Hot?). Eine kirchliche Einrichtung kann alleine aufgrund ihres Status bei richtiger Betrachtung nicht pauschal eine an ihren eigenen Standards ausgerichtete Lebensführung verlangen. Hier ging es wohl um eine Verwaltungsangestellte für eine Kindertageseinrichtung. Es dürfte gerechtfertigt sein, Pornoaufnahmen einer Erzieherin in einer solchen Einrichtung anders zu beurteilen - strenger - als in diesem Fall (das deutete das Gericht wohl auch so an). Ganz freizügig darf man sich daher in seinem Privatleben nicht geben. Bestimmte öffentliche Auftritte können für den Arbeitgeber nicht nur peinlich werden, sondern sogar seine Unternehmensziele schädigen - der Spaß hört kündigungsschutzrechtlich hier auf. Dass man einen alten Fehler digital nicht mehr absolut beheben kann, ist indes kein kündigungsrelevanter Vorwurf, weil das technisch eben nicht machbar ist. Unternehmensziele einer kirchlichen Kita? Ja, die gibt es, und sie kann zumindest von dem Personal, das mit den Kindern in Berührung kommt, auch verlangen, dass es bestimmte Vorbildfunktionen auch im Privaten hat. Pornofotos sind da wohl ein zu starkes Stück. Knapp 12.000 EUR Abfindung. Nun ja. Hat sich immerhin gelohnt.