Diskriminierungen wegen Homosexualität haben bislang in der Gerichtspraxis zum AGG keine erhebliche Rolle gespielt – Ethnien, Geschlechter und Alter waren die beherrschenden Themen.
In Köln geht es jetzt dafür richtig zur Sache. 95 Seiten Klageschrift sehen schon einmal nach etwas aus. Nicht nach wenig Substanz jedenfalls. Aber die Summe: Zwei Millionen EUR. Der abgelehnte Gütevorschlag der Richterin: Immerhin 65.000,00 EUR. Vor ein paar Jahren hat man so eine Summe für keinen Schmerz der Welt bekommen. Ist das gut? Im Prinzip: Ja. Zwei Millionen Euro sind aber eine ganze Nummer zu hoch. Der Verlust eines nahen Angehörigen wird mit niedrigeren (sicher: zu niedrigen) Schmerzensgeldern bedacht. Aber vielleicht trägt die „litigation“-Kultur aus den USA (überhöhte Forderung, hohes settlement) dazu bei, das AGG wieder auf die Tagesordnung zu setzen. Trotz aller Schulungen scheint es in den Betrieben nämlich immer noch nicht wirklich angekommen zu sein. Außerdem bleibt bei derart unrealistisch hohen, in der Presse geschickt lancierten Schadensersatzforderungen immer der Beigeschmack anwaltlicher Werbung. Auch in dem wirklich missglückten ZDF-”Zoom”-Beitrag letzte Woche (in dem Günther Wallraff wieder auf seinen Lieblingsfeind, Kollegen Naujoks, eindrosch), war so ein Anwaltsexemplar zu sehen, das gerne mal mit Millionenforderungen seinen Namen ins Spiel, die Mandanten aber nicht wirklich ins Rennen bringt.
Trotzdem: AGG und schwul, das ist unterbelichtet. Homosexuelle haben es in gewisser Weise besonders schwer, wenn es sie trifft; denn schauen wir mal auf die Realitäten: Die „Witzkultur“ des Betriebsalltags hat irgendwie akzeptiert, dass man das andere Geschlecht nicht diskriminieren soll. Von Leuten anderer Herkunft ganz zu schweigen – so viel “political correctness” kennt auch der schlimmste Chauvinistenbetrieb. Aber die „nun hab Dich doch nicht so, sei nicht so humorlos“-Attitüde gegen Homosexuelle ist immer noch hoffähig. Wenn Sie das anders sehen, stellen Sie sich einen Augenblick lang vor, sie seien – wie der Kläger – schwul, hätten dazu einen türkisch klingenden Namen (auch wie der Kläger) und würden am Arbeitsplatz täglich regelrecht gehänselt. Keine angenehme Vorstellung? Eben.
Allerdings beklagen wir mal wieder die Presse. Im Stadtanzeiger heißt der Kläger „Ünal D.“, beim EXPRESS Ahmet P. Gut, der Express sagt „Name geändert“. Aber wenn das schon so losgeht: Wir konnten „Emmely“ nur folgen, weil man sie immer so genannt hat, bis wirklich jeder ihren richtigen Namen kannte.
Weblinks:
Express: http://www.express.de/regional/koeln/schwuler-manager-klagt-gegen-kuendigung/-/2856/8611134/-/
Stadt-Anzeiger: http://www.ksta.de/html/artikel/1309183845253.shtml