Es gibt Menschen mit Berufen, die mir Furcht einflößen. Zumindest mehr Respekt, als mir lieb ist. Christoph Schmitz-Scholemann ist so ein Beispiel. Es liegt an seinem Beruf, dass er daran beteiligt ist, wenn mir gelegentlich eine Niederlage zugefügt wird (kann weh tun, ist auch schon geschehen). Manchmal ruhen auch Hoffnungen auf ihm. Nicht leicht mit ihm. Dabei wüsste er allenfalls mit Mühe, wer ich überhaupt bin (noch ein Anwalt). Wie gesagt: Es liegt am Beruf – der Mensch ist Richter. Letztinstanzlich. Im 10. Senat des Bundesarbeitsgerichts (zuständig auch für die SOKA Bau, aber das ist jetzt zu langatmig). Wir ersparen uns die Frage, ob es letztinstanzliche Gerichte gibt oder überhaupt geben darf – sei es nach der Verfassung oder der Kirchendoktrin.
Seit Jahren arbeiten wir nun mit einigem Erfolg daran, dieses Blog zu einem möglichst unterhaltsamen Forum zum Arbeitsrecht auszubauen. Da hat sich – auch durch weit über 5oo andere juristische Blogs – der Eindruck festgesetzt, Arbeitsrecht mit Humor könne man außerhalb der Kolumnen von Volker Rieble in der Presse eben nur online unterhaltsam – äh – gestalten? Darstellen? Egal. Für den Augenblick. Es ist alles ein Irrtum gewesen.
Deshalb ist es eine willkommene Niederlage dieser engstirnigen Auffassung, wenn ich heute bei der Lektüre der NZA Tränen gelacht habe. Ist mir noch nie passiert (ehrlich). War auch der Überraschungseffekt, ich konnte ja nicht ahnen, was sich hinter dem Titel „Vom Flashmob zum Pfandbon – Glanz und Elend im deutschen Arbeitsrecht“ (*) verbergen könnte. Sie wissen es auch nicht, denn ich kann es nicht verlinken (die NZA ist nicht umsonst). Wie schrecklich offline und digital naive!
Ich weiß jetzt von Herrn Schmitz-Scholemann ein paar Sachen, die bisher sogar mir entgangen sind. Etwa, dass es 1984 beim Arbeitsgericht Düsseldorf (19.12.1984 – 6 Ca 5682/84) ernstlich darum ging, ob es in einem Zeugnis einen grundlegenden Bedeutungswandel gibt, wenn – ach, lassen wir das Urteil sprechen:
Die Kl. wandte sich daraufhin an die Bekl. und machte geltend, statt “integeren” müsse es “integren” heißen und bat darum, dies noch zu berichtigen. Die Bekl. weigerte sich. Die Kl. hat u.a. ausgeführt, sie habe einen Anspruch darauf, ein Zeugnis zu erhalten, das nicht mit derart störenden Schreibfehlern behaftet sei. Die Schreibweise “integeren” sei falsch…
Der Verfasser des Urteils – das im Leitsatz dazu sagt:
Es bleibt unentschieden, ob “integren” oder “integeren” die für Zeugnisse richtige Schreibweise darstellt.
war – vermuten wir mal – der damalige Richter am Arbeitsgericht Düsseldorf Schmitz-Scholemann.
Warum ich Ihnen davon erzähle?
Weil das jedenfalls der beste Artikel in der NZA in mindestens einem Jahrzehnt war. Weil er eine – gerne akzeptierte – Einsicht bedeutet: Humor gibt es auch offline. Glauben Sie mir. Wenn nicht mir: der Wahrheit. Die lautet wie? Ist doch klar:
Das deutsche Arbeitsrecht ist an sich in Ordnung. Es hat eigentlich nur drei Probleme, nämlich Arbeitnehmer, Arbeitgeber und Arbeitsrichter.
Wer will da widersprechen?
(*) Christoph Schmitz-Scholemann, “Vom Flashmob zum Pfandbon – Glanz und Elend im deutschen Arbeitsrecht”, NZA 2012, Heft 18, S. 1001 ff.