…war eine Mitarbeiterin in Villingen-Schwenningen nach der im Folgenden besprochenen Meldung. Warum übrigens Villingen-Schwenningen in der arbeitsrechtlichen Welt besonders wichtig ist (100.000 EUR Abfindung und der berühmte Maultaschenfall, das stammt beides daher), wissen wir auch nicht. Das Arbeitsgericht dort ist nett und optisch nicht hervorstechend (es gibt einen Großkanzlei-Blog, der alle Arbeitsgerichte vorstellen will - ganz ansprechend gemacht. Villingen-Schwenningen war noch nicht dabei, und ob CMS wirklich eine Großkanzlei ist oder nur gerne eine wäre, ist dem Leser überlassen. Der Blog ist ganz gut, auch wenn man aus “dem Alltag einer Großkanzlei” leider trotz der Überschrift nix erfährt).
Zurück nach Villingen-Schwenningen: Jetzt trug sich zu, dass eine Mitarbeiterin flog, weil sie zu oft krank gewesen sei, wessenthalben andere ihre Arbeit hätten machen müssen (hier der Bericht des “Südkurier” mit düster-dräuendem Foto aus der Hotellerieszene). Man kann vermuten - nach dem Zeitungsbericht - dass es sich dabei nur um das Empfinden des Geschäftsinhabers handelte. Weil sie eine zu hohe Abfindung wollte, machte der Arbeitgeber jedenfalls einen Rückzieher und sie kommt nun wieder arbeiten. Banaler geht’s nicht, was ist so berichtenswert?
Also: Die Nummer gibt es ständig. Obwohl in den meisten Fällen Anwälte sich alle Mühe geben, ihren Mandanten klarzumachen, dass es in Kündigungsschutzprozessen nicht um Abfindungen, sondern um Kündigungen geht, kommt die Botschaft oft nicht an.
Erst jüngst saß mir ein solches Exemplar gegenüber. Mein Geschäftsführer hatte sich bereits gefügt - entweder er kauft ihn raus oder er kommt zurück, die Kündigung war einfach völlig vergeigt. Zahlen wollte er natürlich auch nur einen bescheidenen Betrag. Wie durch ein Wunder war das aber viel weniger, als der Kläger meiner Einschätzung nach akzeptiert hätte, vor allem mit DEM Kollegen auf der Gegenseite. Aber ich habe mit dem schauspielerischen Talent nicht gerechnet, dass mein Mandant hatte. Und nicht mit der Beratungsresistenz des Gegners. Nachdem die Vorsitzende drei Minuten lang die Kündigung zerklopft hatte, der Kläger immer breiter grinste und ich immer weißer um die Nase wurde, weil ich wusste, dass jetzt die Quadratur des Kreises kommt (Zum Kläger: “Sie gewinnen, wollen Sie sich aber vielleicht trotzdem vergleichen???” - wo lernen Richter eigentlich Verhandlungsführung?), sprang mein Geschäftsführer unvermittelt auf. Er schlug dem Kläger jovial auf die Schulter. “Na, macht nichts”, brüllte er gut gelaunt. “Wir werden uns schon wieder zusammenraufen. Willkommen zurück!” - und lachte recht authentisch.
Der Kläger wurde nicht weiß. Er hatte die nackte Panik im Blick. Er irrlichterte zu seinem Anwalt und fragte “Aber ich bekomme doch eine Abfindung?”. Der schaut mich an: “Heißt das; sie wollen nicht an der Kündigung, äh, festhalten?…”. Ich nicke stumm, sonst hätte ich zu laut lachen müssen. Der Kollege wusste genau: Seinem Mandanten hat er es vielleicht erklärt, aber kapiert hat der es nicht. Er bittet um eine Unterbrechung. Nach fünf Minuten kommt er zurück und will kleinlaut noch ein Bruttomonatsgehalt für 6 Jahre Betriebszugehörigkeit. Mein Mandant braucht einen Rippenstoß, jetzt aber nicht übermütig zu werden.
Dass sie in dem Betrieb Angst und Schrecken verbreiten, ist definitiv nicht der Fall. Eher scheint es so zu sein, dass hier völlig falsche Erwartungen zerbrachen, die keine Beratung der Welt im Vorfeld zerstören konnte. Warum eigentlich nicht? Rechtsschutz gegen Geld einzutauschen, das ist doch nicht so schwer zu verstehen. Offenbar doch - in jedem dritten Zeitungsartikel steht schließlich, Arbeitsgericht X hätte Arbeitgeber Y zu einer Abfindung verurteilt. Weil es sog. Auflösungsurteile kaum gibt, ist das einfach nur Quatsch. In diesem Fall war es hilfreicher Quatsch.
Manchmal macht auch Arbeitnehmeranwalt keinen Spaß…