Das Richteramt ist ein politisches Amt. Besonders in Bayern.
Sie glauben, Richter seien unabhängig, sozusagen die einzige nicht-politische Instanz? Sie liegen teilweise richtig, teilweise falsch.
Richtig ist, das tut wohl, dass „unsere“ Richter in Deutschland sich von niemandem auf der ganzen Welt über Unabhängigkeit und Unbestechlichkeit belehren lassen müssen. Zur zahlreichen Kritik am System, den Richtern und ihrer Rechtsprechung gesellt sich hierzulande ein Verdacht nicht: Dass es der Justiz an diesen Schlüsseleigenschaften mangle. Richter nehmen ihr Amt hierzulande vorbildlich wahr.
Falsch ist natürlich trotzdem, dass es keine politischen Einflüsse gibt. Damit ist nicht der „Kopf-ab“-Ruf gemeint, mit dem Populisten auf jeden Prozess einwirken, der Schlagzeilen macht (ich meine das hier wirklich metaphorisch, das ist ihnen klar, ja?). Und eigentlich immer – Gottseidank! – kläglich damit scheitern. Nein. Der wahre Einfluss liegt in der Ernennung bestimmter „wichtiger“ Richter. Das sind in den Ländern z.B. die Gerichtspräsidenten, oder – am prominentesten natürlich – beim Bund die Karlsruher Allesentscheider am Bundesverfassungsgericht. Auch hier muss man der Richterschaft aber ein Kompliment machen: Die Hoffnung manches Provinzpolitikers, er könne irgendeine Rechtsprechung „durchsetzen“, ist nicht nur systemisch dämlich (Gerichtspräsidenten ordnen nicht an, wie es zu machen ist, und alle Richter folgen dann…), sondern hat sich auch meist inhaltlich als Chimäre erwiesen. Die Leute folgen nach der Ernennung ihren Überzeugungen, seltener einer politischen Agenda.
Meist bleibt von all der Politik und ihrem Einfluss also nur übrig, dass man einen Bekannten mit einem gutbezahlten Amt versorgen will, so lange es noch geht.
Ob das Christine Haderthauer treibt, weiß man nicht, aber sie gibt sich alle Mühe, diese Interpretation zu befeuern. Die bayerische Sozialministerin wider Willen (sie war beim letzten Karussell auf einen anderen Posten abonniert) stemmt sich gegen alle Widerstände. Denn beim LAG München ist die Stelle des Gerichtspräsidenten frei, die vor der Pensionierung von einer Frau geführt wurde, jetzt aber vakant ist; seit fast einem Jahr. Frau Haderthauer hat offenbar intensiv nach einer Frau gesucht, wurde aber erst bei einem Mann fündig. Der arbeitet nicht in der Justiz, sondern in der Ministerialbürokratie und verfügt – außer einer länger zurückliegenden Zeit bei einem Arbeitsgericht – damit über sehr bescheidene Kenntnisse der Praxis eines Berufungsgerichts. Das hat viel Kritik eingebracht. Und einen hochqualifizierten Mitbewerber, der eigentlich die besseren Karten haben könnte. Aber im Auswahlverfahren unterlag. Das Auswahlverfahren ist jetzt beim Verwaltungsgericht kassiert worden.
Der Anwaltsverein hat die Öffentlichkeit wissen lassen – schreibt die SZ – man fühle sich bei diesem Auswahlverfahren dann ein solches in China erinnert. Da kann ich nicht mitreden, denn ich weiß nicht, wie Richter dort ausgewählt werden und ob Richter ein wichtiger Beruf dort ist – oder, wie man es aus Russland und seinen Strafgerichten hört, eigentlich nur eine bedeutungslose Lachnummer darstellt. In Deutschland sind Richter wichtig und müssen vor allem kompetent sein. Aber dem neuen Gerichtspräsidenten – wenn er es wird – schlägt sicher weniger anfänglicher Respekt entgegen, wenn diese Vorgeschichte mal breitgetreten ist; er hat erst mal einen schwierigen Start. Ob er das (noch) will?
Wir würden es uns wünschen, dass ein Gerichtspräsident grundsätzlich auch ein Richter aus der Praxis mit erheblicher Reputation ist. Jedenfalls, solange er nicht ausschließlich die Verwaltungsleitung innehat, sondern auch noch Recht spricht. Frau Haderthauer darf da gerne andere Wünsche haben. Nein, wir fühlen uns nicht an China erinnert. Sondern an Bayern.