Rechtsanwalt Wolf J. Reuter

Jacobsen Rechtsanwälte Rechtsanwaltsgesellschaft mbH
10707, Berlin
15.11.2012

Lasst uns mit dem gelben Schein in Ruhe

Ja, wir haben es endlich alle gehört und verstanden. Das BAG hat – wie eine Tageszeitung heute, einen Tag danach, titelt – das “Blaumachen” erschwert. Wie bitte?

Ich kann es nicht mehr hören und weiß auch nicht, wann es zuletzt so einen Presserummel aus Anlass eines Erfurter Urteils gegeben hätte – seit die notorische “Emmely” den Vorsitzenden des 2. Senats veranlasste, den Sitzungssaal zwei Stunden vor der Verhandlung für überfüllt zu erklären.

Gut: Das BAG hat am 14.11.2012 (5 AZR 886/11) entschieden, dass der Arbeitgeber auch ohne besonderen Grund und auch nur von einzelnen Arbeitnehmern nicht erst ab dem vierten, sondern bereits ab dem ersten Tag einer Erkrankung einen “gelben Schein” (ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung) verlangen dürfe.

Ehrlich – na und?

Überraschend oder gar sensationell wäre allenfalls das Gegenteil gewesen. Nach der von keiner Instanz geteilten Auffassung der Klägerin liegt schon alleine in so einer “Attestauflage” etwas Verletzendes. Da kann man ihr mit vielen Einschränkungen auch recht geben. Das macht die Erziehung zu mehr Disziplin in der Schnupfenzeit aber doch nicht unzulässig. Es diszipliniert auch Ärzte, die vielleicht ausnahmsweise demnächst zweimal nachdenken, bevor sie krankschreiben (ja, ich bin ein Träumer). Dass die Möglichkeit, so eine Anordnung zu treffen, gesetzlich in § 5 EFZG vorgesehen ist, ist ja auch nicht ganz unerheblich, oder?

Viel Lärm um nichts also?

Nicht so ganz. Klarheit über einen Punkt, der in jeder Personalabteilung zum Alltag gehört, ist ein Wert an sich. Außerdem steckt in der Attestauflage noch Musik. Fragen Sie sich z.B. mal, ob der Betriebsrat über so eine Anordnung mitzubestimmen hat. Ha!