Rechtsanwalt Wolf J. Reuter

Jacobsen Rechtsanwälte Rechtsanwaltsgesellschaft mbH
10707, Berlin
20.04.2012

Kostenterror durch Vollmachtsvorlage?

 

Nicht nur Strafrechtler haben ihre Ehrbegriffe. Bei Strafverteidigern kommt es bekanntlich sehr, sehr, sehr schlecht an, wenn Staatsanwälte – z.B. bei Akteneinsichten – eine schriftliche Vollmacht verlangen. Die können da alles – von freundlich bis giftig. Ob Alexandra Braun in Hamburg oder Carsten Hoenig in Berlin – sogar einen eigenen Vollmachtsblog  des Kollegen Melchior aus Wismar gibt es – alle antworten auf das Verlangen, aber sie legen nie eine Vollmacht vor. Anwälte haben auch ihren Stolz.

Ich auch.

Arbeitsrecht ist ja so was wie Zivilrecht (Zivilrechtler weghören oder wegklicken – es ist wahr!). Außerdem mache ich ja auch manchmal „echtes“ Zivilrecht, so mit Gerichtskosten und Pseudogüteverhandlung etc. Auch Zivilrechtler haben Ehrbegriffe. Im umliegenden Brandenburg (das ist so etwas wie das umliegende Schleswig-Holstein für Alexandra Braun) haben sich die Gerichtskassen etwas Eigenes ausgedacht. Es gibt gerade nach Vergleichen immer wieder mal Gerichtskosten zurückzuerstatten (Sie erinnern sich – bei Zivilgerichten zahlt der Kläger einen Vorschuss). Diese werden laut schlecht fotokopiertem Briefbogenwisch, den der Anwalt erhält

„…Ihnen postgebührenfrei übermittelt!“

Das Ausrufezeichen ist nur gedacht. Dass sie mir Bargeld schicken und das Porto selbst tragen, ist (nicht nur mir) aber noch nie passiert.

Neuerdings folgt der Satz an den Anwalt:

„…Vorab bitten wir jedoch um die Vorlage einer Geldempfangsvollmacht!…“

Das Ausrufezeichen ist gedacht.

Da schwillt der Kamm. Auch, weil das heißt – oder heißen könnte: Mandant anschreiben, Vollmacht hinschicken, Vollmacht gefaxt bekommen, zurückrufen, dass man die Vollmacht im Original brauche und das Fax nichts nütze, zwei Tage später nach notierter Erinnerungsfrist und Eingang eines Scans per Mail noch mal anrufen, dass auch ein Scan kein Original sei, Posteingang bearbeiten, Schreiben an das Gericht „…anbei bla bla bla…“. Arbeitszeitvernichtung.

Überflüssig dazu. Seit einiger Zeit gibt es einen Textbaustein. Denn es handelt sich um ja um Gerichtskosten, die aus der Staatskasse zurückerstattet werden.

„…wir weisen auf § 81 ZPO hin…“

Der lautet:

§ 81 Umfang der Prozessvollmacht

Die Prozessvollmacht ermächtigt… zur Empfangnahme der von dem Gegner oder aus der Staatskasse zu erstattenden Kosten.

Das Geld kommt immer ohne weitere Korrespondenz. Lerneffekt? Nein. Derselbe Brief kommt immer wieder. Erst gestern.