(Worüber man sich sonst noch wundern kann, wenn einem der Wahlsonntag nicht gereicht hat)
An Flughäfen gelten besondere Regeln, gerade für das Sicherheitspersonal. Nur geht es dabei nicht um Sicherheit, sondern um Arbeitsrecht. Schon im Januar des Jahres hatte die merkwürdige Dienstanweisung einer Sicherheitsfirma, die von Tangaslips bis Nagellack das gesamte Auftreten ihrer Mitarbeiter regelte, für Aufmerksamkeit gesorgt – aber aus unserer Sicht für die falsche Art von Aufmerksamkeit. Schön, die Anweisungen waren unterhaltsam – aber sie beschäftigten sich auch damit, dass kein „Ausländisch“ bei der Arbeit gesprochen werden durfte. Das hat damals merkwürdigerweise keinen aufgeregt. Auch das Gericht nicht, das die Mitbestimmungsfrage zu entscheiden hatte.
Jetzt hat so eine Firma einem Mitarbeiter in Hannover mal deutlich gesagt, wo der Hammer hängt: Türkisch wird hier nicht gesprochen (Bericht laut BILD-Zeitung)! Nur Deutsch für unsere Mitarbeiter. Dabei hatte der Mann gar nicht mit Fluggästen türkisch gesprochen, sondern mit einem Kollegen (der war der türkischen Sprache mächtig). Alles klar?
Sind solche „Arbeitsanweisungen“ automatisch diskriminierend? Man kann sich am § 87 BetrVG orientieren, wenn man will. Danach darf der Arbeitgeber das Ordnungsverhalten regulieren, aber nur mitbestimmt, das Arbeitsverhalten regiert er allein. Oder anders: Da hat er einen größeren Spielraum. Ist die Anweisung Arbeits- oder Ordnungsverhalten? Mit den Passagieren nur Deutsch zu sprechen, ist jedenfalls Arbeitsanweisung. Der Rest betrifft bei wohlwollender Betrachtung allein das Erscheinungsbild der Sicherheitstruppe am Flughafen. Dass danach eventuell ein Mitbestimmungsrecht in Frage kommt, sagt aber noch nichts darüber, ob es sich nun um eine Diskriminierung handelt. In Berliner Schulen wird teilweise per Hausanweisung darauf gedrängt, dass auf den Schulhof Deutsch gesprochen wird? Diskriminierend? Bisher sieht man das als Bildungsauftrag. Über Diskriminierung wird da nicht gesprochen. Aber den Mitarbeiter am Flughafen muss man eigentlich nicht erziehen (er ist auch gar nicht mehr schulpflichtig), und wenn, ist das nicht der Job des Arbeitgebers. Also doch diskriminierend? Die Ausrede, das Verbot gelte auch für deutsche Toskanisten, die am Arbeitsplatz italienisch für den nächsten Urlaub üben, nimmt ihm den Beigeschmack nicht. Ausgerichtet ist das Verbot gerade auf Leute, die noch eine Zweitsprache haben.
Ob man so etwas anweisen kann oder es als Diskriminierung zu gelten hat, ist nicht nur für Schadensersatzansprüche aus dem AGG entscheidend (solche macht der Hannoveraner Kläger gar nicht geltend). Es entscheidet natürlich auch darüber, ob man ihn für einen Verstoß abmahnen oder kündigen kann. Das Arbeitsgericht Hannover wird also Neuland betreten im Diskriminierungsrecht. Wieder einmal.
Wie kommt man nur zu solchen Arbeitsanweisungen?