Rechtsanwalt Wolf J. Reuter

Jacobsen Rechtsanwälte Rechtsanwaltsgesellschaft mbH
10707, Berlin
13.07.2011

Heut‘, beim Schlichtungsausschuss der IHK

Irgendwo im Norden der Republik, bei irgendeiner IHK, heute früh.

Der Auszubildende hat eine (außerordentliche) Kündigung erhalten. Weil er gut informiert ist, weiß er, dass er zunächst den Schlichtungsausschuss bei der IHK anrufen muss, bevor er zum Arbeitsgericht gehen kann. Der Schlichtungstermin findet dann nach langen Terminsquerelen heute statt.

Der Ausschussvorsitzende mahnt den Arbeitgeber bzw. seine Vertreter, es sei doch nicht so schlimm. Mit einer „scharfen“ Abmahnung (*) und einem wechselseitigen Gespräch könne man über die Kündigung hinwegkommen.

Der Arbeitgebervertreter nickt ebenso bedächtig wie die Geschäftsführerin. Wirklich gehofft hatten sie auf ein positives Votum ja nicht (Erfahrungswert). Meist sind solche verzweifelten Kündigungen der letzte Schuss vor Bug.

Der Vorsitzende wendet sich zuerst an den Auszubildenden mit der Frage, was er von so einer „Lösung“ hielte. Dann könne er ja sein drittes Jahr beenden und – offen gesagt – so ganz aus der Luft gegriffen seien die Kündigungsanlässe ja auch nicht. Der Azubi schenkt ein.

„Ick hab das nem Fachanwalt jezeicht. Für Arbeitsrecht. Der hat nur jelacht. Ditte soll ne Kündigung sein? Ick gloob, mein…also: Jeht gar nich. Die Kündigung muss weg!“

„Ja, das schlagen wir ja auch vor. Aber wir erwarten dann auch, dass sie sich die Abmahnung zu Herzen nehmen…“

„Wat? Weiterarbeiten? Bei denen? Ick bin doch nich verrückt! Jeht gar nich…“

„Aber – das ist doch das Ziel der Schlichtung. Deshalb haben Sie ja den Ausschuss angerufen.“

(Zwischenfrage Rechtanwalt der Arbeitgeberseite): „Wie hatten Sie sich denn eine „Lösung“ gedacht?“

(Wie aus der Pistole geschossen): „Na, Kohle. 1.000 EUR. Und ich bin weg.“

Ein nicht alltägliches Schlichtungsergebnis. Der Arbeitgeber hat – leicht irritiert – akzeptiert. Wenigstens im Abgang ein Auszubildender, der weiß, was er will. Und Fachanwälte lachen bei Kündigungen immer laut. Aber nur mit Rechtsschutzversicherung.

(*) Die „scharfe“ Abmahnung ist ein Phänomen, das auch arbeitsgerichtliche Güteverhandlungen durchzieht. Was das genau ist und wie sie sich von einer „nicht scharfen“ Abmahnung unterscheidet, ist ungeklärt. Wissenschaftliche wie praktische Eingaben sind erwünscht.