Was war das für eine Show?
Deutschland ist ja so friedlich, zumindest nach einem Urlaub in Großbritannien. Hier finden die Straßenkämpfe zwischen schwedischen Modeketten (H & M) und deren Betriebsräten statt – zivilisiert vor dem Arbeitsgericht. Der Austragungsort schien aber das einzig zivilisierte Element gewesen zu sein.
Im Modehaus meinte der Betriebsrat, es müsse mehr Personal her, die Geschäftsleitung meinte das Gegenteil. Angeblich deshalb, um den Druck zu erhöhen, stimmte der Betriebsrat mehrfach den Dienstplänen nicht zu. Das kann theoretisch böse werden, denn dann kann man eigentlich nicht arbeiten – das Modehaus müsste geschlossen bleiben.
Die Geschäftsleitung hat dann beim Arbeitsgericht – von großem Medienrummel begleitet – ein Amtsenthebungsverfahren gegen den Betriebsrat eingeleitet. Das ist das letzte Mittel gegen kriminelle Betriebsräte oder solche, die ihr Amt missbrauchen. Deshalb ist der Antrag hier auch offensichtlich, für jedermann erkennbar und ohne Frage aussichtslos gewesen. Das hat auch die zuständige Richterin in der ersten Anhörung erklärt, worauf hin H & M sagte, man habe das „nur juristisch klären wollen“ und nehme den Antrag zurück.
Außer Spesen nichts gewesen, von der schlechten Presse mal abgesehen.
Die „Strategie“, erst voll mit dem Kopf vor die Wand zu rennen und dann klein beizugeben, kann insgesamt ja nicht auf besonders ausgefeilter juristischer Analyse beruhen. Aber das ist das Problem von H & M. Was man für deren Geschäftsleitung nachvollziehen kann, ist, dass es nervt, wenn Betriebsräte ihre Rechte an einer Stelle (Dienstpläne) dazu gebrauchen, an anderer Stelle (Einstellungen) Druck aufzubauen, wo sie keinen echten Einfluss haben. Das gehört zwar zum Spiel, aber ein Betriebsrat kann natürlich auf diesem Weg eine Blockadepolitik inszenieren. Was soll man dann machen?
Mittel gibt es gegen den Arbeitgeberfrust, aber sie wirken langsam und sind nicht leicht zu verschreiben. Die Blockade aus sachfremden Motiven ist durchaus rechtswidrig, und trotz des Mantras, dass Arbeitsgerichte in Beschlussverfahren keine Rechtsgutachten schreiben, kann man die Feststellung beantragen, dass ein Betriebsrat in den Fällen A, B oder C seine Pflichten verletzt hat. Man muss es aber beweisen können. Der nächste Schritt ist im Wiederholungsfall dann das Verfahren nach § 23 BetrVG. Die Amtsenthebung kommt erst lange danach. Eine solch jahrelange Auseinandersetzung wird kein Betriebsrat durchhalten, wenn die Gründe des Arbeitgebers irgendwie berechtigt scheinen. Denn Betriebsräte werden gewählt, und obstruktive Betriebsräte, die nur nerven und das Arbeitsklima vergiften, werden erstaunlich oft nicht wiedergewählt. Mit selbstverursachten, krachenden Niederlagen bei Gericht erreicht man als Arbeitgeber aber wohl eher den gegenteiligen Effekt.
Weblinks:
Tagesspiegel: http://www.tagesspiegel.de/berlin/polizei-justiz/hundm-legt-streit-mit-betriebsrat-bei/4504740.html