Oder: Sie müssen auch nicht alles vom Anwalt machen lassen…
Das OLG Karlsruhe hat einen AGG-Fall entschieden (Urteil des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 13.09.2011 – 17 U 99/10- Pressemitteilung).
Das können die auch! Nicht nur Arbeitsgerichte sind mit dem AGG beschäftigt. Als die Pläne zur Auflösung der Arbeitsgerichtsbarkeit das letzte Mal modern waren, da fauchte mich auf meine Kritik daran ein OLG-Vorsitzender an: „Glauben Sie etwa, das können wir nicht?“
Ich sage ja: Das könne die. 13.000 EUR Entschädigung gab es hier und der Grund ist natürlich einfach: Eine weibliche Bewerberin meldet sich auf eine Stellenanzeige als Geschäftsführerin einer Gesellschaft und wird nicht genommen. Da ist der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen nicht eröffnet (§ 5 ArbGG). Aber das AGG ist natürlich anwendbar. So, wo ist jetzt der Witz oder das Neue am Fall, fragen Sie jetzt? Etwas Geduld, bitte:
Der bloggende Kollege Dan Fehlberg (“geschickte und ungeschickte Anwälte”) hat die Pressemitteilung genauer gelesen als die Presse selbst, die z.B. hier berichtete. So ist der Öffentlichkeit der satirische Gehalt der Angelegenheit nicht völlig entgangen. Der Fall selbst ist ja ganz primitiv und verführt zum flüchtigen Überlesen der Zeitungsmeldungen: Die Stelle war in der „Badischen Zeitung“ per Annonce ausgeschrieben worden. Nicht geschlechtsneutral allerdings, gesucht wurde ein „Geschäftsführer“. Das reicht natürlich (vgl. z.B. BAG, Urteil vom 19.8.2010 – 8 AZR 530/09) – für eine Entschädigung.
Allerdings hatte das ausschreibende Unternehmen keine Lust, selbst die Anzeige zu formulieren. Dazu beauftragte man – seine Anwaltskanzlei. Ja, was die so alles machen für den Klienten! Und da die Kanzlei wohl keine Anwältinnen kannte, nahm man (Variante 1) wohl entweder an, es gebe deshalb auch nur Geschäftsführer, keine -innen. Oder, (Variante 2), man hatte das AGG nicht bemerkt, das um die Ecke geschlichen kam. Also schrieb man nur für Männer aus.
Die einzige Bewerberin war dann aus Sicht der Inserenten eine Art doppelter Knieschuss. Sie war nämlich von Beruf – ja eben: Rechtsanwältin. Allerdings keine AGG-Hopperin, sondern eine als Rechtsanwältin zugelassene Personalerin, mit so etwa 15 Jahren Berufserfahrung. Und die kannte nicht nur das AGG, nein, sie ließ sich auch die Absage nicht gefallen. Ergebnis: Siehe oben.
Und jetzt: Haftung?
Nicht so schnell: Man muss den Anwaltsauftrag schon richtig formulieren. Hier ist zur Entlastung der unbekannten Kollegen auch Variante 3 denkbar. Beauftragt war nur die Schaltung einer fertigen Anzeige. Also wurde der Referendar zur Anzeigenannahme der Badischen Zeitung geschickt. Der richtige Auftrag wäre gewesen, die Anzeige vorher mal zu prüfen. Hätte auch der Referendar gekonnt, sagen Sie jetzt? Aber, wer wird denn gleich…