Rechtsanwalt Wolf J. Reuter

Jacobsen Rechtsanwälte Rechtsanwaltsgesellschaft mbH
10707, Berlin
17.01.2011

Frauenquote

DAS Reizthema, zweifellos. Die Widerstände sind groß, die Befürworter aber erstaunlich zurückhaltend und weit weniger ideologisch als früher einmal. Die Einführung der in Norwegen erfundenen Frauenquote in Frankreich findet krassen politischen Widerhall (hier etwa in der FAZ online - am Wochenende hat die gedruckte Ausgabe einen ausgewogenen, aber doch recht eigenartigen Artikel dazu veröffentlicht). Dabei geht es nur um Aufsichtsräte. Davon gibt es auch hierzulande nicht viele (nur AGs und mitbestimmte GmbHs haben einen). Es geht also nur um ein paar Leutchen -in Deutschland gibt es keine 13.000 AGs. Besetzt man die Aufsichtsräte zu 40% mit Frauen, geht es nur um ein paar tausend höchstqualifizierter Mitarbeiterinnen.

Warum also die Aufregung über so ein Thema? - Nun, die Quote polarisiert seit jeher. Diskussionen enden immer mit einem Patt. Frauen wollen nicht durch Quote, sondern durch Leistung an die Spitze, ist am häufigsten zu hören - auch von der bei uns zuständigen Ministerin (Frau Schröder sieht eher eine Berichtspflicht der Unternehmen als sinnvoll an) ist das zu vernehmen. Andernorts heißt es, man müsse erst der Wirtschaft gegenüber belegen, dass Frauen einen besonderen Profit in solchen Positionen brächten (so die marktwirtschaftliche Argumentation hier). Das letztere ist natürlich Unsinn, bei Männern muss den Beweis auch keiner führen, auch nicht bei Nord- oder Süddeutschen oder bei Ossis (um die gibt es ähnliche, aber sinnlose Debatten - es gibt nur ca. 16 Mio. Ostdeutsche, in den neuen Ländern gibt es keine wichtigen Aktiengesellschaften, also was soll das?).

Das erstgenannte Argument lässt sich zwar hören, aber es hat den öffentlichen Dienst auch nicht zerstört - der hat aufgrund der Gleichstellungsgesetze schon lägst eine Art indirekter Frauenquote. Im (privaten) Arbeitsrecht sind Quoten rein praktisch schwer durchsetzbar, jedenfalls nicht ohne prohibitiven Aufwand für kleine und mittlere Unternehmen.

Ein Argument pro Frauenquote überzeugt aber. Während man bei Kindergartenkindern zu Recht kritisiert, es gäbe zu wenig männliche Vorbilder (Erzieher), scheint niemand zu merken, dass der Mangel an Frauen in Führungspositionen einfach dazu führt, dass man sich als (junge) Frau keine Vorbilder suchen kann, die man mal erreichen möchte. „Ich will Vorstand der D-Bank werden” ist auch für die toughe BWL-Studentin schwieriger, wenn sie die erste Frau sein müsste, die den Job macht. Und fehlt die Chefin, will auch „unten”, im Arbeitsrecht vielleicht niemand so recht daran glauben, dass sie ein selbstverständliches Recht hat, im Beruf zu stehen. Die Gleichberechtigung haben wir in Deutschland weitgehend erreicht, jedenfalls wenn man mal einen 20-Jahres-Vergleich zieht. Die Gleichstellung ist aber noch ziemlich entfernt.

Also, gegen alles, was man der liberalen und Arbeitgeberfreundlichen Grundhaltung dieses Blogs, auf der wir bestehen, gerne ankreidet: Frauenquote in Aufsichtsräten und Vorständen: Ja bitte! Egal, was die Erfahrungen aus Norwegen uns sagen und die aus Frankreich uns sagen werden: Wir sind in Deutschland - und müssen unsere eigenen Erfahrungen machen; außerdem hat die Quote noch niemanden umgebracht. Also, versuchen wir es doch einfach mal. Aber leider: Diese Entscheidung ist erst einmal vertagt.

Dabei wäre das mal eine Reform, die niemanden Geld kostet.