Rechtsanwalt Wolf J. Reuter

Jacobsen Rechtsanwälte Rechtsanwaltsgesellschaft mbH
10707, Berlin
18.04.2012

First Solar, second, on the dole

 

Frankfurt an der Oder liegt im Osten der wirtschaftlich höchst strukturschwachen Region Brandenburg (oder, von Köln, Stuttgart und München aus: im Osten vom Osten). Die Region hat in den vergangenen Jahren Subventionsruinen produziert, aber schließlich auch beachtliche Erfolge bei der Beschäftigungsentwicklung gehabt. Zu den größten gehörte „First Solar“, ein US-Unternehmen, das vor allem Technik zuliefert, mit der Solarstrom auf Freiflächen erzeugt wird (was in Deutschland nur begrenzt geht). Erst im letzten Jahr wurde noch ausgebaut und investiert, jetzt der Paukenschlag: Alles muss raus, wir schließen. 1.200 Jobs weg. Grund: Angeblich die Reduzierung der guten Solarförderung, vor allem auch für Freiflächenanlagen (Sie wissen schon: Böse FDP….böse, böse).

Kein Wunder, dass die Aufregung groß ist.

Die Kritik an First Solar ist riesig, leiser ist das Gemurmel zu den Ursachen.

Erst mal: Es war doch schön, dass das Unternehmen überhaupt hier etwas versucht hat. Das hat über einige Jahre Jobs gebracht und die waren nicht schlecht. Zweitens: Das ist eine „moderne“ Industrie. Modern heißt leider auch in der Industrie: Volatil, heute hui, morgen pfui. Anders als bei Auto- und Anlagenbauern. Auch, weil man nicht auf ein komplexes Produkt setzt. Und da fängt das Problem an: Im Grunde sind Solarfabriken – wie iPhone-Fabriken – die Werkbank einer Ideenschmiede. Einer entwickelt ein singuläres Produkt, das muss irgendwo so günstig wie nur möglich produziert werden.

Vor ein paar Jahren hat sich Nokia aus der deutschen Fertigung nach Rumänien zurückgezogen, der Aufschrei war groß, Rumänien billiger (das Werk ist da wohl auch schon wieder weg). Da fangen die Gemeinsamkeiten an, denn ernsthaft: Man musste sich doch wundern, warum Ostbrandenburg bei einer auf Preis ausgerichteten Fertigung mit Sichuan konkurrieren kann. Kann es nicht. Die Konkurrenz in China hat ohne Subventionen ca. 2 Jahre gebraucht, um First Solar Ostbrandenburg zu überrunden. Weil Preis alles und „Skill“ sehr wenig ist, wenn man ein Produkt austauschbar überall fertigen kann. Die Gemeinsamkeiten hören aber nicht auf beim Preiskampf: First Solar ist nur hier, weil die Ansiedlung der Arbeitsplätze mit massiven staatlichen Fördergeldern bezahlt wurde. Arbeitsförderung hieß das früher. Ein paar Millionen davon sollen wieder zurückkommen (viel Spaß bei den Rechtsstreitigkeiten mit einem US-Konzern wünsche ich dem Land Brandenburg…). Seit Monaten gibt es noch eine andere Arbeitsförderung: First Solar zahlt keine vollen Löhne mehr, sondern lässt sie sich von der Bundesagentur für Arbeit bezuschussen (also vom Beitragszahler). Dort herrscht, bis die Türen abgeschlossen werden, Kurzarbeit.

Alles letztlich staatliche Knete also. Trotzdem schreit alles: “Im Land halten!” – die bösen Billigchinesen. Kennen wir das Lied nicht? Was ist an denen böse, warum sind ihre Paneele in der Presse nur „Billigmodule“ – mit der gleichen Berechtigung ist auch ein iPhone, BlackBerry oder Samsung Galaxy ein „Billigtelefon“, aber wir hätten sie ja schon gerne für 199 EUR…subventioniert, versteht sich.

Subventioniert ist auch die Solarbranche, deshalb ist ja die FDP so böse, weil sie, in der öffentlichen Meinung im Alleingang, die Förderung gekürzt hat. Aber warum soll ein geförderter Anlagenbauer nicht chinesische Module einbauen, wenn es ihm Geld spart, und sein Geld lieber mit dem überreichlich subventionierten Strom verdienen?

„Im Land halten“ – den Mitarbeitern zu wünschen wäre es sicher – aber wie und warum? Antworten dürfen nicht enthalten:

Absenkung des Lohnniveaus auf das von Südchina Errichten von Handelsbarrieren und Wirtschaftskrieg mit China Bombardierung der chinesischen Fabriken durch die Luftwaffe und/oder Kanonenboote Rassistische Beschimpfungen chinesischer Produzenten

 

Aber was fällt Ihnen sonst noch so ein?

Leichter ist es da, vom Bundeswirtschaftsminister eine „Strategie“ oder „Akzente“ zu fordern. Soll der sich doch was ausdenken…ich indes fürchte: Subventionsjunkie bleibt Subventionsjunkie. Oder anders: Sozialismus hat noch nie langfristige Arbeitsplätze geschaffen. (Bitte geben Sie beim Kommentieren den Prügel an der Rezeption ab!)