Rechtsanwalt Wolf J. Reuter

Jacobsen Rechtsanwälte Rechtsanwaltsgesellschaft mbH
10707, Berlin
23.03.2011

Equal Pay in der Leiharbeit – kurz, hart, verletzend

 

Seit das BAG die Tarifverträge der CGZP gekippt hat, zittert die Leiharbeitsbranche. Denn der (vermeintlich) um ein paar Cent schlechtere (wahlweise: böse, faschistoide, schmutzige, kapitalistische, arbeitgeberhörige) CGZP-Tarif wird nicht durch den vermeintlich ein paar Cent höheren (wahlweise: guten, lieben, sauberen, arbeitnehmerfreundlichen, fairen) Tarif von ver.di ersetzt. Nein, “Equal Pay” (§ 10 Abs. 4 AÜG) heißt das Gespenst: Es gilt rückwirkend der Lohn, der im Entleiherbetrieb vergleichbaren Arbeitnehmern bezahlt wurde. Rückwirkend? Jawohl: Verjährung bei Arbeitslöhnen 3 Jahre, für die Sozialversicherungsbeiträge sogar 4 Jahre. Ergebnis: Pleite.

Der Wahnsinn einer in Teilen krank gewordenen Arbeitswelt: Der Sturm auf eine gewerkschaftliche Konkurrenz, die einen kaum niedrigeren Tarif ausgehandelt hatte, treibt Unternehmen in die Pleite.

Nun, der “Equal Pay” wird oft ein Tariflohn sein. Tarifverträge enthalten oft Ausschlussfristen. Das LAG München hat deshalb ein Schlupfloch geöffnet (Urteil vom 12. November 2009 – 3 Sa 579/09). Wenn es im Entleiherbetrieb eine Ausschlussfrist gibt, muss sich der klagende Arbeitnehmer (wie die Sozialversicherung) diese entgegenhalten lassen – gleiches Recht für alle. Das rettet vor der der Pleite: Ausschlussfristen umfassen nicht Jahre, sondern wenige Monate.

Damit wird es nichts. Das BAG hat dieser These eine Absage erteilt (Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 23. März 2011 – 5 AZR 7/10). Warum? Steht in der Pressemitteilung nicht. Unternehmensrettung steht auch nicht auf dem Plan. Man will eine Branche plattmachen.

Dass es Argumente auch für eine Anwendung der Ausschlussfristen gegeben hätte, kann man beim LAG München ja nachlesen. Warum man zwischen zwei Möglichkeiten traumwandlerisch sicher immer diejenige wählt, die den Arbeitgeber in der Existenz bedroht, dem Arbeitnehmer aber im Einzelfall allenfalls ein paar Euro einbringt (die er gerne zur Insolvenztabelle anmelden kann), ist – ein Rätsel.

Wir sind tief enttäuscht (waren – zur Klarstellung – aber nicht am Verfahren beteiligt).