Rechtsanwalt Wolf J. Reuter

Jacobsen Rechtsanwälte Rechtsanwaltsgesellschaft mbH
10707, Berlin
21.05.2013

Dit is‘ nich‘ so einfach, wa?

Wahrlich nicht.

Nach brutalen Verbrechen hat sich der Betriebsrat der Berliner S-Bahn letztes Jahr anhören müssen, er sei ein Sicherheitsrisiko. Weil er partout keine Videoüberwachung auf den Bahnhöfen wollte – es können ja nebenher Arbeitnehmer überwacht werden. Volkes Seele kochte, von Berliner Kurier über Bild bis BZ.

Nebenbei: Viele S-Bahn-Nutzer wären ja froh, wenn sie auf den Bahnsteigen mal Arbeitnehmer der S-Bahn sehen könnten. Die angeblich überwacht werden. Aber da sind nie welche. Wäre auch ein Sicherheitsrisiko: Zuweilen bestünden, sagte mir ein Fahrgast im Vertrauen, unter den winterlichen Fahrgästen, deren Bahn nicht erschienen ist, weil der falsche Schnee auf den Gleisen lag, Tendenzen, Akte der Lynchjustiz zu begehen.

Der Betriebsrat blieb aber stur. Sehen könne man ja vielleicht die S-Bahn-Fahrer. Was bei deren Arbeit (sie sitzen im Führerhäuschen) an Bahnhöfen so „überwacht“ werden kann, ist mir bis heute nicht klar, aber ich war ja noch nie Betriebsrat. Weil trotz monatelanger Verhandlungen nichts herauskam, entschied jetzt die Einigungsstelle. Danach gibt es demnächst Videoüberwachung, doch schon lauert der nächste Torpedo im juristischen Ozean: Der Berliner Datenschutzbeauftragte fand immer schon, dass mehr als 72 Stunden Speicherung solcher Aufnahmen nicht (und eigentlich auch weniger nicht) gehen. Nun, er neigt wie viele Amtsträger zur Verabsolutierung seines Aufgabenbereichs. Der Spruch der Einigungsstelle lässt jedenfalls 72 Stunden Speicherung zu. Man kann mal rechnen: Wie lang ist ein Wochenende – also wie lange dauert es, bis die Polizei ggf. an den Datenträger kommt (u.U. mit einem Gerichtsbeschluss, den sie erst noch besorgen muss), auf dem die Tritte zu sehen sind, die in der Nacht von Freitag auf Samstag hagelten – auf einen Menschen (und dann in der BZ beklagt werden)? Ja, da sind 72 Stunden schon knapp. Aber die S-Bahn-Leitung ist entnervt: Nur 48 Stunden Speicherung soll es geben. Denn:

Technisch möglich und gerade an Wochenenden sinnvoll ist einer Speicherung von 72 Stunden zu. Dies lässt der Spruch der Einigungssteller auch zu. Aber wir wollen keine Eskalation des Konflikts mit dem Berliner Datenschutzbeauftragten

Nein, Arbeitgeber haben es einfach nicht so leicht. Warum auch: Man ist ja Berliner. Hat auch John F. Kennedy gesagt – vor 50 Jahren.

Brandenburger Versuch

(zumindest sprachlich auch nicht perfekt)