Die amtierende Koalition hatte sich auf die Fahnen u.a. auch die Reform des Befristungsrechts geschrieben. Geblieben ist davon schon im Koalitionsvertrag nichts mehr.
Deshalb musste jetzt das BAG eingreifen. Die Entscheidung des 7. Senats vom 6. April 2011 (7 AZR 716/09) kann man als “Erdbeben”, als “Wende” oder “Sensation” titulieren. Sie verdient alle Superlative.
Worum geht es?
§ 14 II TzBfG enthält eine unerträgliche – und seit Jahren attackierte – Einschränkung der sog. sachgrundlosen Befristung. Das ist die Art von Befristung, die immer wirksam ist, wenn bestimmte Formalien stimmen. Dazu zählt, dass sie nicht länger als zwei Jahre dauern darf. Dazu gehört auch, dass “zuvor” kein Arbeitsverhältnis mit demselben Arbeitgeber bestanden haben darf. Niemals zuvor? Niemals, sagte das BAG: auch die nicht bestandene Probezeit vor 25 Jahren beim (jetzt u.U. anders firmierenden) Unternehmen vernichtet die Befristungsmöglichkeit. Das hat das BAG in anderer Besetzung (2. Senat) schon 2003 entschieden (Urteil vom 6.11.2003 – 2 AZR 690/02). Noch in einem 2009 geführten Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren (29.7.2009 – 7 AZN 368/09) hatte sogar der 7. Senat den Beklagten geradezu barsch abgebürstet, diese Frage – dass es auf den zeitlichen Abstand zwischen früherem Arbeitsvertrag und Befristung nach § 14 II TzBfG nicht ankomme – sei geklärt.
Der personell weitgehend neu besetzte 7. Senat ist jetzt 180 Grad in die Kehre gegangen:
Bei verfassungskonformer Auslegung sei das Anschlussverbot des § 14 II TzBfG nur beachtlich, wenn der zuvor bestehende Arbeitsvertrag länger als drei Jahre zurückliege.
Das ist revolutionär. Das BAG begründet den Griff in die Trickkiste (drei Jahre – warum nicht eins oder vier?) Mit der “gesetzgeberischen Wertung” der Verjährungsfristen des BGB, die eine Regelverjährung von drei Jahren vorsehen (dazu darf man anmerken, dass das eine Jahresendfrist ist, die auch fast vier Jahre betragen kann).
Jetzt gibt es Rechtssicherheit für Personaler. Schade ist nur, dass der Beschäftigungseffekt verpuffen dürfte. Die Reform kommt zu spät, weil der Arbeitsmarkt ohnehin boomt. Gedacht war die Erleichlterung für die zurückliegenden Krisen. Wenn die Gerichte schneller sind als die Politik, muss sich letztere vielleicht mal am Kopf kratzen…