Über den sehr interessanten Prozess, den der frühere Chefarzt des Konstanzer Klinikums, Gert Müller-Esch, gegen seinen Arbeitgeber führt, hatten wir gestern ebenso berichtet wie über die politischen Probleme des maultaschenfallgestählten Bürgermeisters Claus Boldt, die daraus resultieren.
Nun hat man gestern von morgens bis in den frühen Abend verhandelt (eher ungewöhnlich), heute wurde das Urteil gesprochen (auch ungewöhnlich) – und nach dem Bericht des Südkurier sieht der Stadtrat das Ergebnis als “Hammer” an: Alle Kündigungen unwirksam!
Wir möchten Widerspruch anmelden.
Wie gestern berichtet, ist der Brief, den der Chefarzt angeblich an einen „breiten“ Adressatenkreis gerichtet hat, sehr wohl für eine (auch außerordentliche) Kündigung geeignet. Der Arbeitnehmer darf nicht die Öffentlichkeit missbrauchen, um seine Interessen gegen den Arbeitgeber durchzusetzen. Das hat erst letztes Jahr sehr schön das LAG Niedersachsen: Urteil vom 12.03.2010 – 10 Sa 676/09 auseinandergenommen.
Der in der Presse wiedergegebene Brief des Chefarztes, um es deutlicher als gestern zu sagen, überschreitet aus unserer Sicht die Kündigungsschwelle klar. Ob es damit natürlich formelle Probleme gibt, etwas Schlampereien wie das Nichteinhalten der zweiwöchigen Erklärungsfrist oder fehlende Anhörungen z.B. von Sprecherausschuss oder Betriebs-/Personalrat, kann man aus der Ferne nicht beurteilen. Fast schon unbegreiflich scheint dann aber, dass – ebenfalls nach Presseberichten – dieser Brief in der Verhandlung keine Rolle mehr gespielt hat.
Es sieht also so aus, als würde das LAG Baden-Württemberg bald Post vom Klinikum bekommen. Und aus der Ferne: Eine Berufung in diesem Punkt scheint ganz aussichtsreich zu sein.
Still ruht der Bodensee.