Rechtsanwalt Wolf J. Reuter

Jacobsen Rechtsanwälte Rechtsanwaltsgesellschaft mbH
10707, Berlin
29.08.2013

Der Straftäter in der Klinik

…trägt nicht Weiß, was Sie wieder glauben – er oder ggf. sie trägt gestreift!

Stellen Sie sich vor, der Strafgefangene X soll resozialisiert werden, Freigang, ein sinnvolle Tätigkeit, eine Arbeit, Gewöhnung an die Freiheit. Das wäre insgesamt eher etwas für Carsten Hoenig. Aber was fällt dem Arbeitsrechtler dazu ein? Erstmal nichts, aber ich bin ja auch nur Anwalt. Der Job von X fand in einem Universitätsklinikum statt. Der Personalrat hatte mehr Fantasie als ich – und wollte mitbestimmen – natürlich mit dem Ziel, den X nicht reinzulassen. Und es ist ja so. Kommt einer in den Betrieb, müssen Personalräte – wie Betriebsräte nach § 99 BetrVG – der „Eingliederung“ in Betrieb und Dienststelle zustimmen.

Das Bundesverwaltungsgericht (Beschluss vom 14. August 2013 – BVerwG 6 P 8.12) gab – sicher zur Enttäuschung des Personalrats – allerdings dem Arbeitgeber recht. Übrigens mit einer sehr speziellen Begründung, die vermuten lässt, dass die Betriebsverfassung und die entsprechende BAG-Rechtsprechung genau gelesen und verstanden hat.

Die mitbestimmungspflichtige „Eingliederung“ setzt danach immer voraus, dass der Eingegliederte am „Betriebszweck“ teilnimmt. Auszubildende in einem reinen Ausbildungsbetrieb nehmen daran nicht teil – sie empfangen die Ausbildung, der Betriebszweck ist ihre Erteilung. Diese Feinheit sit selbst Experten oft unbekannt. Dem BVerwG nicht.

Und so kommt es, dass wir – im Land der Rechtsverliebtheit – ein Gremium an Bundesrichtern befassen, um herauszufinden, dass Gefangene nicht am Zweck der Dienstelle teilhaben, sondern Empfänger einer Resozialisierungsmaßnahme sind.

Sind wir nicht großartig?