Rechtsanwalt Wolf J. Reuter

Jacobsen Rechtsanwälte Rechtsanwaltsgesellschaft mbH
10707, Berlin
08.12.2010

Der Krawallanwalt - Haftungsfolgen eines Auslaufmodells

 Der Krawallanwalt. Er macht wirklich den Druck, den sein Mandant sich immer gewünscht hat. Ein Erfolgsmodell: Er bürstet den Gegner und dessen Anwalt barsch ab. Ruft ihn “zur Ordnung”. Wie Jack Nicholson es in The Shining (Stanley Kubrick, 1980) vom Barkeeper empfohlen bekommt - nur im übertragenen Sinne natürlich. Schuld am Prozessverlust ist - der Richter, das System, wer auch immer. Denn der Krawallanwalt ist ein Held, aber nur für seinen Mandanten, der eine bestimmte Persölichkeitsstruktur haben muss. Richter und Gegenanwalt sind bestenfalls genervt. Einer vorteilhaften Lösung steht er stets im Weg. Auch für seinen Mandanten. Dafür macht man sich über ihn lustig, hinter seinem Rücken. Seine Erfolgsquote: Unterdurchschnittlich, hinter seinen Möglichkeiten, denn er stimuliert die Kompromissbereitschaft der anderen Seite nicht. Der einzige, der nicht merkt, dass er auf einen Pfau reingefallen ist, ist - richtig: Der Mandant.

Das Bundesarbeitsgericht hat in einem Fall, auf den der Beck-Blog in einem anderen Zusammenhang hingewiesen hat, dieser Spezies einen Blattschuss gesetzt (Urteil vom 10.6.2010, 2 AZR 297/09). Im Arbeitsrecht kommt der Krawallanwalt nicht selten vor. Um Persönlichkeitsstruktur (s.o.) geht’s hier auch. Der Krawallanwalt warf dem Beklagten, oder besser seinem Personalreferenten, vor, dieser habe sich “rassistisch” verhalten. Mehr noch, der Grund liege in dessen “rassistischer Persönlichkeitsstruktur”. Der von Hybris erfüllte Kollege soll das mit dicken Ausrufezeichen geäußert haben. Der Mandant schwieg und distanzierte sich nicht.

Die Beklagte stellte daraufhin einen Auflösungsantrag nach §§ 9, 10 KschG. Dessen Erfolg bedeutet, dass eine Kündigung zwar ungerechtfertigt war, aber das Arbeitsverhältnis trotzdem endet - gegen eine gesetzlich festgelegte Abfindung. Der Grund ist, dass das Prozessverhalten eine Fortsetzung des Vertrags unzumutbar macht. Oder anders ausgedrückt: Man verliert seinen Arbeitsplatz, obwohl man zu Unrecht gekündigt wurde - weil man seine Zunge nicht im Zaum halten konnte und gar zu unflätig schimpfte. Der Schimpfer kann aber auch der eigene Anwalt sein. Das war bislang zweifelhaft, ist vom BAG aber nun so entschieden worden. Den Richtern reichte es wohl auch.

Ein Fall von Anwaltshaftung? Ja, klar: Der Schaden ist immens. Eigentlich hätte der Mitarbeiter seinen Arbeitsplatz behalten. Er verliert ihn nur, weil der Anwalt ein Krawallanwalt war und es übertrieben hat. Das nächste Mal sucht der sich sicher einen seriösen Vertreter.

Andererseits fragt sich, ob man einem Mandanten, der auf Haftung macht, da nicht eine Mitschuld zurechnen und ihn noch mal bestrafen sollte. Er hätte sich ja distanzieren können vom Pöbelkollegen? Das wird oft schwierig sein. Und so sehr man sich pädagogische Maßnahmen für diese Art Mandant wünscht: Es ist der Anwaltstypus, der sich an die Nase fassen muss. Ja, sicher. Er wird’s nicht tun. Wetten Sie drauf!