Rechtsanwalt Wolf J. Reuter

Jacobsen Rechtsanwälte Rechtsanwaltsgesellschaft mbH
10707, Berlin
23.10.2011

Der Investmentbanker als Betriebsrat

Was ist das? Ein Witz? Der Bock als Gärtner? Die endgültige Machtübernahme?

Nein, es gibt mindestens einen Investmentbanker (der wohl aber keine Millionen verdient), der gleichzeitig Betriebsrat seiner Bank ist. So zu lesen in der Welt am Sonntag (heute, 23.10.2011). Die Zeitung hat die Statements von sechs dieser „Banker“, wie sie nur noch schimpfend genannt werden, unter der passenden Überschrift

“Ja, ich bin genau dieser eine Böse”

zusammengestellt.

Die Innensichten, die da offenbart werden, sind interessant, aber wenig überraschend und teilweise ebenso erschreckend wie naiv. Der einzige Betriebsrat (eher ein ungewöhnlicher Job für einen Investmentbanker) ist eigentlich „nur“ Kundenberater für vermögende Kunden und damit auf der Skala des Bösen fast schon so weit unten, dass man ihn zu den Guten zählen könnte. Er macht seinen Job auf dem platten Land in Mecklenburg, man darf daher vermuten, dass er Monopolist ist, denn mehr als eine Handvoll Kunden dürfte es da kaum geben.

Je investmentnäher der Job, desto absurder die Statements. Man wolle nur Geld verdienen, sei doch gut (ohne Worte). Auffallend häufig auch der Satz, man handle zwar mit Derivaten, aber nicht mit den bösen, die man immer im Fernsehen sieht. Es will bekanntlich nie einer schuld sein. Der Betriebsrat dürfte sich besonders über den Satz des „Kollegen“ freuen, dass der es früher für Geld gemacht habe, heute aber des Spaßes wegen (wir auch, wir auch!!!). Darüber wird sich auch der Interviewte freuen, der auf die Unsicherheiten des Jobs (dauernde Umstrukturierungen und Entlassungswelle bei den Banken) hinweist, denn sein Spaßkollege dürfte dann einer von denen sein, die längst genug Geld haben…

Vor etwa 10 Jahren konnte man in Großbritannien, dem Mutterland der Financial Services, Analysen darüber lesen, wie es Deutschland und vor allem dessen Finanzsektor gehe. Da hieß des mahnend (sogar im linken Guardian), Deutschland sei „hopelessly overbanked“. Reduzierungen und Umstrukturierungen seien unerlässlich. Wir rieben uns schon die Hände wegen des guten Arbeitsrechtsgeschäfts und – mal ehrlich – in Deutschland gibt es in manchen Städten gefühlt so viele Bankfilialen wie Apotheken. Denn mit „overbanked“ war nur das Privatkundengeschäft angesprochen…haben wir etwa heute immer noch zu viele Banker, nur vielleicht von der bösen Sorte?

Aber: Wer sind eigentlich die Guten?

Bank of England, Threadneedle Street, London (Foto: den99, Creative Commons)