Facebook stellt nicht nur Hosni Mubarak vor Herausforderungen. Auch deutschen Arbeitgebern ist unwohl.
Daimler betreibt einen Blog, der viel gelobt wurde. Es ist kein eigentlicher Firmenblog, aber Mitarbeiter können sich unter dem Daimler-Dach präsentieren und genießen dort firmeninterne Meinungsfreiheit.
Ein paar Mitarbeiter sind auch auf Facebook unterwegs. Auch die eher harten Jungs, von der Marxistisch-Leninistischen-Partei Deutschlands (MLPD) nämlich. Sie haben sich aufgeregt, worüber man sich in Stuttgart so aufregt. Über Stuttgart 21 nämlich. Gut, sie haben bei Facebook auch Angela Merkel und Daimler-Boss Dieter Zetsche als “Lügenpack” bezeichnet. Schmählich.
Aber es geht jetzt mal nicht um die MLPD-Jungs, denen ist eh’ nicht zu helfen. Nein: Daimler-Mitarbeiter drückten den berüchtigten “Like”-Button für die Schimpfkanonade. Sonst nichts.
Das führte nach bestätigten Meldungen zu einer Einladung in die Personalabteilung. Über Konsequenzen ist nichts bekannt. Interessant war der “Meldeweg”, denn alle Medien haben zunächst auf eine Meldung der MLPD (!) reagiert. Als Daimler das im Wesentlichen bestätigte, kam die Berichterstattung ins Laufen.
Facebook ist das Gegenteil von geheim. Dass Firmen so genau hinschauen (können), was ihre Mitarbeiter alles gut finden, ist beängstigend. Dass Nutzer offenbar nicht den geringsten Wert auf eigene Anonymität legen, ebenso.
Am schlimmsten ist der Like-Button, mit dem sich bislang nur Datenschützer und Wettbewerbsrechtler herumschlagen. Liest er das Surfverhalten auf einer Seite aus? Welche Daten gibt er an Facebook weiter? Was machen die damit? Und jetzt auch noch: Welche Äußerung (wenn überhaupt) steht äußerungsrechtlich hinter “Like”? “Like” die Aussage, dass Stuttgart 21 Mist ist, oder “like” die Bezeichnung “Lügenpack”? Oder ist “like” gar keine Äußerung?
Man kann jedenfalls zur realen Personalabteilung gelangen. Alles durch einen Klick.
Übrigens: Wie neulich an der NPD durchexerziert, ist die Meinungsfreiheit im Arbeitsverhältnis mit einem extrem hohen Stellenwert versehen.
Und post scriptum: Daimler hat angeblich an Facebook geschrieben, die daraufhin die Seite abgeschaltet haben. Also:
- Facebook ist im neuen Internet damit Richter und Henker in einer Person.
- Das ist eine beachtliche Leistung von Daimler. Wer sonst an Facebook schreibt, bekommt nicht unbedingt auch nur eine Antwort. Unter 1.000 Mitarbeiter, 700.000.000 Mio. Nutzer. Da kann man nicht allen antworten, dem Daimler aber schon. Oder jedenfalls machen, was er sagt.
Ich hoffe, niemand kann Briefe schreiben, die dann einfach zur Abschaltung unseres Blogs führen.
Weblinks:
Spiegel Online zur Daimler-”Affäre”: http://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/0,1518,764729,00.html
Die Originalquelle – MLPD – Vorsicht Suchtgefahr: http://www.mlpd.de/2011/kw20/daimler-spitzelt-in-facebook
Auch aus Schwaben: Unser letzter Beitrag, bei dem die MLPD eine Rolle spielte (weiter unten, bitte!): http://www.reuter-arbeitsrecht.de/grundsatzliches/lucien-favre-und-das-arbeitsrecht-der-groskopferten.html