Über Copy und Paste beim OLG können Sie hier bei RA Melchior aus Wismar lesen. Und weil Sonntag früh die Zeit ist, sich an die zurückliegende Woche zu erinnern, ist es auch Zeit, sich an den Kollege Copycat zu erinnern. Er heißt nicht so (ein „er“ ist er aber). Er schrieb in einem eher unspektakulären Fall an mich. Man hatte seinem Mandanten gesagt, der solle diese und jene kleinere Tätigkeit nicht mehr verrichten und sich auf diese oder jene Hauptaufgabe zu konzentrieren. Jetzt wird eine Verletzung von § 106 GewerbeO gesehen. Ist auch schlimm, immer diese Anweisungen. Arbeitsverhältnisse sind ja schließlich keine sklavischen Unterstellungen.
Man kann heutzutage ja alles oder nichts am Direktionsrecht aufhängen. Ich will darüber auch gar nicht rechten, das ist alles sooo umstritten.
Aber braucht man für die Aussage, der Mandant halte eine Arbeitsanweisung für unzulässig, wirklich 8 (acht) Seiten Papier, die ich mir auch noch auf eigene Kosten ausdrucken darf? Das Schreiben kommt per E-Mail, aber der eigentliche Text hängt als pdf dran. Man will auf einen echten Briefkopf nicht verzichten, schon klar. Daher sicher auch der Hinweis auf dem Briefbogen „Ich führe meine Akten elektronisch!“ Du mich….bleiben wir sachlich.
Wenn es nur ein „Schreiben“ gäbe! Es gibt stattdessen 8 (acht) Seiten Copy & Paste. Aus dem Anwaltshandbuch (Hümmerich war’s, glaube ich). Aus einer BAG-Entscheidung, die wohl gerade in der Datenbank war. Aus anderen Handbüchern, die kaum die Autorität des Erfurter Kommentar haben, aber warum braucht man auch Autoritäten, um seine Einschätzung zu den Grenzen des Direktionsrechts im ersten Anschreiben zu untermauern?
Am Ende ist alles kurz und klein gehackt. Unsere Mandantin hat die Menschenrechte verletzt, die Gewerbeordnung eh, alle möglichen Urteile, wird Schadensersatz, Schmerzensgeld und sonst was zu zahlen haben und darf sich schon mal auf eine Klage einstellen (Paste: Zitat aus Handbuch XYZ, warum man „darauf“ klagen könne).
Nur die Schlussformel irritiert. Wie die lautet?
„Wenn Sie einen Vorschlag zur Lösung der Situation haben, können wir gerne miteinander telefonieren.“
Hätte sicher viel erspart, aber irgendwie habe ich jetzt Angst. Das Telefonat fällt ja nicht unbedingt fokussierter aus, und auf eine Abreibung wegen der angenommenen Schwerverbrechen der Mandantin (= Direktionsrecht ausgeübt) habe ich fernmündlich nur bedingt Lust. Welchen Lösungsweg kann man auch beschreiten, wenn man eben mit lauter abstrakten Auszügen erklärt bekommen hat, was man für ein Arbeitgeberschwein ist?
Der verstorbene Kollege Hümmerich selbst hat diese Formularmeisterstückchen manchmal damit begründet, dass sie den Mandanten beeindrucken. OK: Das wenigstens ist Mr. Copycat sicher gelungen…