Rechtsanwalt Wolf J. Reuter

Jacobsen Rechtsanwälte Rechtsanwaltsgesellschaft mbH
10707, Berlin
01.03.2011

Buch geschrieben, Job weg

 

“Wer die Hölle fürchtet, kennt das Büro nicht”. Denken Sie sich sicher auch manchmal. Unter diesem Titel hatte Jürgen Bücker sein Erstlingswerk veröffentlicht, einen satirischen Roman, der bei Amazon derzeit 3,3 von 5 Sternen und weitgehend positive Reaktionen erfahren hat. Man wünscht ihm noch mehr Werbung, gesorgt hat dafür erst einmal sein Arbeitgeber: Das Buch kam auf den Markt, Herr Bücker wurde gefeuert.

Anscheinend erkannte der Arbeitgeber sein Unternehmen irgendwie wieder. Der Autor stellt das in Abrede: Das Buch sei Fiktion. Das Arbeitsgericht ist in erster Instanz dem Autor gefolgt, aber der Arbeitgeber hat Berufung angekündigt.

Skurill, nicht? Was kann man eigentlich in solchen Fällen unternehmen? Wissenschaftlicher Mitarbeiter des Verteidigungsministers schreibt eine Satire über ein angebliches Plagiat und fliegt (schlechtes Beispiel, ok.).

Die Freiheit der Kunst wird vom GG (Art. 5 Abs. 3) ausdrücklich geschützt. In der Praxis der Kündigungsschutzprozesse spielt das eigentlich nie eine Rolle. Arbeitnehmer provozieren ihre Arbeitgeber selten durch Kunstwerke, sondern in aller Regel mit grenzwertigen Meinungsäußerungen. Im Kern des Interesses steht deshalb immer die Meinungsfreiheit (etwa in Fällen, in denen extremistische politische Ansichten verbreitet werden).

In diesem Sinne hat Herr Bücker unfreiwillig ein wenig Rechtsgeschichte geschrieben. Ein Roman über eine imaginäre Firma fällt jedenfalls unter den Schutz der Kunstfreiheit. Dass die andernorts ihre Grenzen ganz schnell im Persönlichkeitsrecht findet (laufend lassen irgendwelche Leute Memoiren verbieten, weil sie darin nicht gut wegkommen), erscheint da allerdings wie ein Wertungswiderspruch. Aber nur auf den ersten Blick. Würde das Werk die Persönlichkeitsrechte des Arbeitgebers verletzen, wäre es sicher für eine Kündigung geeignet. Es muss nur grob genug sein, wie der notorische Vergleich, die Zustände im Betrieb seien “schlimmer als in einem KZ”. Herr Bücker hat es bei einer zulässigen Satire belassen.

Die angekündigte Berufung ist eine Entscheidung, die sich der Arbeitgeber am besten noch einmal überlegen sollte.