Im Theater wünscht man hinter der Bühne Glück, kurz vor dem Auftritt. Aber man darf sich nach einem alten Theateraberglauben dafür nicht bedanken, sonst verbockt man die Vorstellung.
Bei Arbeitszeugnissen – ein Thema, das allenfalls von Urlaubsfragen an Diskussionstiefe übertroffen wird – bekommt man als Arbeitgeber kein Dankeschön, sondern eine Klage. So im Fall des Arbeitsgerichts Köln (15 Ca 8058/10), der für die Schlagzeile „Im Zwischenzeugnis sind Glückwünsche unangebracht“ in allen Newstickern sorgt (*). Da stand laut Pressemeldung:
Das Zeugnis endete mit den Worten «Glück für die Zukunft» und dass man für den «weiteren Berufsweg» viel Erfolg wünsche.
Prima.
Warum klagt aber der Empfänger der Jubelschrift?
Er/sie meint, das sei widersprüchlich. Das habe ich zwar nicht verstanden, das Arbeitsgericht Köln aber schon. Es erklärt uns laut Pressemeldung (daher in indirekter Rede):
Der unbefangene Leser könne daraus schließen, dass die Arbeitnehmerin Glück nötig habe oder dass nur in der Zukunft ein Erfolg denkbar, jedenfalls im laufenden Arbeitsverhältnis nicht eingetreten sei.
Das hätte der hiesige unbefangene Leser nicht gemerkt, ehrlich.
Mir wird aber noch ein anderer Zopf abgeschnitten. Die Klägerin fand nämlich auch, dass in ein Zeugnis kein Adressfeld gehöre. Das Arbeitsgericht sah das aber ganz anders. Die Klägerin begründete ihren Anspruch damit, dass ein Adressfeld den Eindruck erwecke, das Zeugnis sei im Streit erteilt (und bloß per Post geschickt). Hier lautet die Antwort des Arbeitsgerichts „nö, wieso, macht doch nicht…!“
Man kann nicht immer recht haben, aber dass ich so daneben liege…Ich meine ganz unbescheiden, es müsste andersherum sein: Auf das Verbot der Glückwünsche kann man nur kommen, wenn man von hinten durch die Brust denkt. Ein Adressfeld aber hat im Zeugnis einfach stilistisch nichts zu suchen. Zumindest bei dieser Beurteilung bin ich in guter Gesellschaft. Das LAG Hamm schrieb schon anno 1997 (Urteil vom 27.02.1997 – 4 Sa 1691/96) dazu:
Die Angabe der Anschrift im Zeugnis ist überflüssig und darf deshalb nicht im für Briefe üblichen Adressenfeld erfolgen, weil dies den Eindruck erwecken könnte, das Zeugnis sei dem ausgeschiedenen Arbeitnehmer nach außergerichtlicher oder gerichtlicher Auseinandersetzung über den Inhalt postalisch zugestellt worden.
Soso…tja, LAG Hamm liest man in Köln nicht gerne oder nimmt es jedenfalls nicht ernst (ist zum Aussuchen).
Fragt sich nur: Wo bleibt da die Vorhersehbarkeit?
Sie wissen ja – vor Gericht und auf hoher See…
(*) Mir ist es einfach nicht gelungen, das Urteil selbst zu finden; hier berichtet darüber ein Frechener Kollege; tatsächlich soll es schon vom 28.3.2011 sein. Welche Pressemeldung das so hinbekommen hat, dass es jetzt erst in die Öffentlichkeit kommt, weiß der liebe Himmel.