Werner Siebers hat undankbare, Jan Gerth komische Mandanten. Ich freue mich, seit ich das gelesen habe, dass ich beides nicht habe (derzeit…). Wer weiß, wie lange das hält: Denn wäre das nicht komisch, wenn mich heute jemand ansprechen würde, dass er sich im Bewerbungsverfahren diskriminiert fühle – wegen der Verwendung des falschen Internetbrowsers?
Ich mag mal wieder überziehen, aber denkbar wäre das ja. Mir geht es heute in erster Linie zwar nicht um das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz, aber bitteschön: Welchen Internetbrowser man verwendet, das kann schon eine Frage der Weltanschauung sein. Wenn Sie sich an die von Kartellbußen gesäumten Streitigkeiten der vergangenen Jahre darum erinnern. Internetexplorer oder Netscape (wer kennt den noch?)? Böses Microsoft, gute Mozilla-Stiftung? Chrome: Das alte Eisen aus dem Nordwesten gegen die kalifornische Datenkrake. Ja, und Diskriminierungen wegen der Weltanschauung verbietet § 1 AGG nun einmal ausdrücklich. Da beißt die Maus keinen Faden ab…
Mir geht es abseits des AGG darum, ob der Internetbrowser die Jobchancen beeinflusst. In einer von Algorithmen bestimmten Welt ja, wie man aus Amerika hört. In den USA wird fieberhaft an Softwarelösungen gearbeitet, die standardisierte Bewerbungsverfahren in Computerhände legen. Dabei gibt es kindisch anmutende Entwicklungen: So werden viele Bewerbungen auf einem Online-Formular ausgefüllt (bei uns sicher noch die Ausnahme). Die Website erkennt aber, welchen Browser Sie dabei verwenden (siehe robot recruiters, The Economist vom 6.04.2013). Ob das einen Unterschied macht? Klar: Z.B. Chrome müssen Sie auf den meisten Rechnern selbst installieren. Firefox auch. Wenn Sie sich die Mühe machen, anstatt einfach das voreingestellte Ding zu nehmen (Internetexplorer oder Safari z.B.), dann geben Sie sich eben – Mühe. Der Algorithmus interpretiert das für Sie positiv. Also verwenden Sie einen Alternativbrowser!
Und falls nicht, basteln Sie schon mal an Ihrer Darstellung der Weltsicht („ich vertraue Microsoft und lehne aus weltanschaulichen Gründen alles ab, was nicht von diesem Unternehmen kommt und auf einem Computer läuft“ – oder so). Vielleicht fällt dann wenigstens eine Diskriminierungsklage ab. So oder so: Es trifft Sie. KornFerry, eine internationale Personalberatung, hat gerade für 80 Mio. USD einen Softwarehersteller gekauft, der gerade so etwas machen will…
Die analoge Welt verschwindet: