Rechtsanwalt Wolf J. Reuter

Jacobsen Rechtsanwälte Rechtsanwaltsgesellschaft mbH
10707, Berlin
18.09.2012

Berechtigte Kündigung aus böser Absicht

Volker Rieble hat in der FAZ am Sonntag vor einer Woche in seiner Kolumne daran erinnert, dass Kündigungen anhand ihres Kündigungsgrundes geprüft werden und nicht anhand der Geisteshaltung des Arbeitgebers.

Diese Selbstverständlichkeit steht jetzt in München vielleicht wieder auf dem Prüfstand. Da hat ein Arbeitgeber den Rechner eines Betriebsratsmitglieds angezapft, um Belege für seinen Arbeitszeitbetrug zu finden. Der Witz an den Verfahrensberichten: Der Mann sagt nicht, er habe nicht betrogen. Er lässt in der Güteverhandlung mitteilen, „viele“ hätten Zugang zu diesen Rechnern. Aber nur er hat wohl manipuliert. Jetzt demonstriert schon vor der Güteverhandlung die NGG gegen die Kündigung. Das Argument ist vertraut: Es klingt nach einer klassischen Ausrede. Als nächstes könnte ein anderes vertrautes Schema folgen: Man wolle den Mann nur loswerden, weil er ein unbequemer Betriebsrat sei.

Die Frage ist – na und?

Bei unbequemen Leuten sucht man manchmal in der Tat nach Gründen, um sie zu feuern. Die Frage, ob so eine üble Gesinnung die Kündigung zerstört, ist so alt wie das Arbeitsverhältnis. Sie wird von den Arbeitsgerichten regelmäßig verneint.

Ausgerechnet die Zivilgerichte, die über die arbeitsrechtliche Großzügigkeit gegenüber Mitarbeitern oft den Kopf schütteln, haben hier vor 10 Jahren einen Vorstoß in die Gegenrichtung gewagt. Das OLG Köln hatte eine Kündigung (eines Geschäftsführers) abgelehnt, obwohl er einen kleineren Abrechnungsbetrug begangen hatte. Das OLG hätte das damit begründet, dass der Dienstherr gezielt nach einem Grund gesucht hatte, sich aus dem Vertrag zu lösen (OLG Köln, Urteil vom 4.11.2002 – 19 U 38/02). Die damals vieldiskutierte Entscheidung blieb aber ein Einzelfall. Die Arbeitsgerichte können sich dieser Sichtweise nicht nähern, auch in der Zivilgerichtsbarkeit wird kaum jemals die – übliche – gezielte Durchwühlen von Spesenkonten gegen den Arbeitgeber verwendet.

So bleibt dem Münchener Betriebsrat vor allem eines: Die Frage, ob man seinen Computer überwachen durfte. Gerne übersehen wird dabei, dass dieser schwerwiegende Eingriff in seine Rechte durchaus in Ordnung sein kann: Wenn der Arbeitgeber einen Verdacht hat und sich nicht anders helfen kann (BAG, Urteil vom 21.6.2012, 2 AZR 153/11), dann verfolgt er berechtigte Interessen.

Was also will man zugunsten des Betriebsrats noch vorbringen?

Wenn der Vorwurf konkret genug ist, wäre er wohl gut beraten, über eine Abfindung zu reden. Falls er dafür einen Gesprächspartner findet.