„Wir“ sind bekanntlich das einzig wirklich interdisziplinäre Rechtsgebiet. Alles andere ist Spartenmedizin. Diese Erkenntnis setzt sich endlich im Strafrecht durch. Beispiel?
Detleff Burhoff (dessen Jurion-Strafrechtsblog bereits zitierfähig ist, siehe hier) stellt den Beschluss des OLG Bamberg, Beschl. v. 06.11.2012 – 1 Ws 678/12 vor. Da geht es um Grundrechte in der klassischen Ausprägung. Ein Verurteilter steht unter Führungsaufsicht und soll „intime Verhältnisse zu Frauen“ jeweils binnen einer Woche seinem Bewährungshelfer melden („Du, Andi, ich habe letzte Woche mit Judith geschlafen…“ – auf was die so kommen…). Dagegen klagt er erfolgreich. Ein Grundrechtsfall für die Staatsrechtsklausur.
Woran denken Sie, wenn Sie „Artikel 2 GG“ und/oder „Menschenwürde“ hören und einen Kommentar brauchen? An Maunz/Dürig? Jarrass/Pieroth? Von Mangoldt/Klein?
Nicht die Strafvollstreckungskammer in Bamberg. Im Beschluss heißt es zu Artikel 2 GG:
Geschützt ist das Recht des Menschen auf Selbstfindung im Alleinsein und in enger Beziehung zu Vertrauten (Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht-Schmidt 12. Aufl. Art. 2 GG Rn. 39 m.w.N.).
Hervorhebung von uns.
Was braucht man mehr? Die Verfasserin der Fundstelle ist übrigens die Präsidentin des BAG, Ingrid Schmidt. Der arbeitsrechtliche Allroundkommentar hat damit sogar die dicken Grundgesetzbände aus demselben Verlagshaus ausgestochen. Beeindruckend…oder war im OLG nur nichts anderes verfügbar?