Wer den psychologisch, schauspielerisch und drehbuchseitig (für mich) überraschenderweise völlig atemberaubenden Thriller „Das Ende einer Nacht“ gestern nicht schauen wollte, hat vielleicht versucht, sich live beim Deutschen Bundestag einzuschalten. Weil dort – im Ausschuss für Arbeit und Soziales – ja die Expertenanhörung stattfand: Die zum kirchlichenArbeitsrecht, dem „dritten Weg“. Nicht zu verwechseln mit dem „dritten Weg“ zwischen Kapitalismus und Kommunismus, dem dritten Weg der sozialen Dreigliederung, den auch Otto Schily gut fand, den dritten Weg oder Third Way von Harold Macmillan, Earl of Stockton (und mal britischer Premier), dem „Third Way“ von Lord Anthony Giddens, dessen Vertreter vor allem Tony Blair (ja, so viele Briten suchen den Weg…), nein. Einfach nur der dritte Weg zwischen, na ja, Manchesterkapitalimus im Arbeitsrecht und totaler Mitbestimmung, falls man unser Mitbestimmungssystem so bezeichnen kann. Betriebsräte nerven ja. Klar.
Deshalb haben die Kirchen in Deutschland – unter Berufung auf die Weimarer Reichsverfassung – keine Tarifverträge und keine Mitbestimmung, aber auch ein umstrittenes Kündigungsrecht. Da fliegt man schon mal raus, weil man mit der falschen Frau lebt (hier der jüngste Fall in der Bearbeitung von Liz Collet) oder gar homosexuell ist (ohgotttogott!!!).
Das steht ganz schön unter Beschuss. Weil man auch seine Religion ausüben und das Arbeitsrecht achten kann, wie alle anderen es müssen: Schwule, atheistische, unfähige, juristische, tech-basierte, schmutzige und staatliche – Arbeitgeber.
Die Anhörung steht noch nicht im Netz, das dauert immer ein wenig (die Seite des von der trotz aller Politik unwiderstehlich sympathischen und sachkundigen Linken Katja Kling geleiteten Ausschusses finden Sie hier). Aber der Bochumer Arbeitsrechtler Jacob Joussen wird von der kirchennahen Presse schon gelobt, weil er den dritten Weg toll findet. Man müsse ihn weitergehen. Gründe? Überraschend: Den Arbeitnehmern geht es besser. Im karitativen Bereich verdienen die kirchlichen Mitarbeiter des dritten Wegs mehr Geld. Sie haben eine Art Mitsprache, in anderen Konkurrenzunternehmen gibt es manchmal nicht einmal Betriebsräte.
Also kann man die Kritik wohl einstellen, es ist alles gut.
Außer, dass sich das so anhört wie das wahr gewordene sozialistische Versprechen. Es geht Euch gut, was wollt Ihr, wir sorgen für Euch. Macht Euch keine Sorgen, und haltet doch bitte den Mund.
Mitsprache sieht anders aus. Der neue Bundespräsident hat den Freiheitswillen der Polen bewundert. Weil man in Polen immer bereit ist, dafür einen Preis zu zahlen. Ok, das ist ein wenig pathetisch. Aber ob die Löhne höher sind, auch wenn das erfreulich ist, ist kein Argument für oder gegen den folgenden Grundsatz unserer Bundesverfassung:
Na, wo kommt das her?
Über das Kirchenarbeitsrecht wird man noch ein bisschen diskutieren müssen.