So hört sie sich an, die Meldung (DER WESTEN – “Peilsender am Auto des Betriebsrats”). Tatsache ist, dass man ein Betriebsratsmitglied verdächtigte, bei Spesenanrechnungen zu betrügen, und den Menschen durch einen Privatdetektiv verfolgen ließ. Ergebnis: Volltreffer. Der Detektiv allerdings nutzte einen Peilsender.
Schematische Reaktion in diesen Fällen: Das verletzt die Persönlichkeitsrechte des armen Mitarbeiters.
Der Einwand hat hier nicht verfangen. Das mit der Sache befasste Gericht ließ die Kündigung zu.
Ja – aber damit ist der Arbeitgeber keineswegs am Ende des Wegs. Denn Betriebsratsmitglieder kann man nicht einfach kündigen, man braucht erst die Zustimmung des Betriebsratsgremiums (§ 103 BetrVG). Die bekommt man aber fast nie. Deshalb muss man ein sog. Zustimmungsersetzungsverfahren einleiten; das wird bei Arbeitsgericht im Beschlussverfahren durchgeführt, kann sich (natürlich) theoretisch bis zu drei Instanzen strecken und ersetzt erst die Zustimmung des BR zur Kündigung. Die Kündigung muss man dann noch aussprechen. Horror. Wer wissen will, wie das (schief-)läuft, kann den besten Aufsatz zum Thema nachlesen (Martin Diller, “Der Wahnsinn hat Methode” – NZA 1998, 1163; Fortsetzung und Kommentar zur zwischenzeitlichen Rechtsentwicklung – Ders., “Der Wahnsinn hat Methode II” in NZA 2004, 579). Das Resümee ist frustrierend: Ein Verfahren nach § 103 BetrVG mit der erfolgreichen Kündigung eines Betriebsrats zu beenden, ist fast unmöglich.
Leichtfertig macht das alles kein Arbeitgeber. Dazu ist der Frustfaktor zu groß und auch der Hähmefaktor kommt nicht zu kurz. Der Betriebsrat ist fast immer auf der vermeintlich “richtigen” Seite und hat in der letzten Veranstaltung dieser Art, an der ich teilgenommen habe, reichlich Gebrauch von grimassenartigen Verhönungen gemacht. Spaß macht das keinen.
Was ist aber mit dem reflexartigen Protest zu “Persönlichkeitsrechten”? Mal ganz pragmatisch: Was soll der Arbeitgeber denn machen? Alles laufen lassen? Hier wurden z.B. Spesen in ganz erheblichem Umfang abgerechnet, für Fahrten, die es nie gegeben hat. Staatsanwaltschaft einschalten? Auf so was kommt nur, wer es noch nie gemacht hat. Die vermeintlich “objektivste Behörde der Welt” (hier zur Entlarvung dieser gern verwendeten Bezeichnung) gilt vielen als lahmste Behörde der Welt; sie steht im Verdacht, in solchen Fällen dem Beschuldigten erst mal einen Anhörungsbogen zu schicken, der ihn über den Vorwurf aufklärt, und sich eine Wiedervorlage von ein paar Dutzend Monaten zu notieren. Und soll sie Spesenbetrüger auf Steuergeld mit drei Zivilpolizisten jagen? Erinnert doch eher an Big Lebowski (na, welche Szene meinen wir wohl?). Es ist gerade Berlinale. Give me a break.
Die Rechtsprechung kümmert der Einwand bislang ohnehin wenig. “Hang ‘Em High (Clint Eastwood, 1968), ist das Motto bei Übeltätern! Das BAG lässt den Arbeitnehmer die Detektivkosten sogar erstatten (BAG, Urteil vom 17. 9. 1998 – 8 AZR 5/97; aus neuerer Zeit BAG, Urteil vom 28.10.2010 – 8 AZR 547/09). Voraussetzung ist, dass es einen konkreten Anfangsverdacht gab und sie adäquat sind, also nicht unbedingt ein Team von 12 Leuten ein halbes Jahr wegen einer Bagatelle observiert hat. Der Anfangsverdacht, den muss man übrigens schon beweisen, was die Sache nicht ganz so einfach macht, wie sie klingt. Das Wort “Persönlichkeitsrecht” kommt in den Entscheidungen zu Recht nicht vor. Die Ermittlungsergebnisse unterliegen ganz allgemein allen straf- und datenschutzrechtlichen Schranken. Wer sie zu etwas anderem missbraucht, als zum Nachweis der Verfehlung, bekommt gewaltig Ärger. Die Persönlichkeitsrechte des Arbeitnehmers sind, wenn überhaupt tangiert, also ausreichend geschützt.
Und schließlich: Wer ist denn hier der Betrüger?