Rechtsanwalt Wolf J. Reuter

Jacobsen Rechtsanwälte Rechtsanwaltsgesellschaft mbH
10707, Berlin
08.09.2011

Anwälte haben keine Freunde

Letztes Jahr hatte das Bundesarbeitsgericht (Urteil vom 1.09.2010 − 5 AZR 517/09) eine einfache Klausel in einem Arbeitsvertrag vor der Flinte. Nach der – pauschalen – Entlohnung hieß es:

…Mit der vorstehenden Vergütung sind erforderliche Überstunden des Arbeitnehmers mit abgegolten…“

Das Ergebnis kennt man: Die Klausel ist intransparent (§ 307 Abs. 1 BGB), und deshalb nichtig. Man kann nämlich nicht erkennen, wie viele Überstunden maximal abgegolten sind. Fall zu Ende.

Denkt man jedenfalls. Dann kamen die Anwälte. Im selben Jahr – drei Monate früher – hatte das LAG Berlin-Brandenburg (Urteil vom 3.06.2010 – 15 Sa 166/10) folgende Klausel zu beurteilen:

…Durch die zu zahlende Bruttovergütung ist eine etwaig notwendig werdende Über- oder Mehrarbeit abgegolten…“

Das ist – na, raten Sie mal – genau: Dieselbe Nummer, auch nichtig, wegen Intransparenz (fanden wir damals nur wegen des lustigen Sachverhalts erwähnenswert).

Warum wir das berichten? Ach ja:

Im letzten Fall war der Kläger Rechtsanwalt. Die Beklagten auch. Der Kläger war ein „Associate“, vulgo angestellter, Anwalt, der kraftvoll ackerte und 900 Überstunden schob. Die wollte er bezahlt haben. Und wie hätten Sie entschieden? Ja, da hat er Recht, denn das ist ja eine intransparente Klausel, nicht wahr…

In Erfurt kam das nicht gut. Kraftfahrern helfen, ja. Aber Rechtsanwälten?

JUVE meldet jetzt, das BAG habe im Revisionsverfahren (5 AZR 406/10) – das mangels Pressemitteilung obskur bleibt – das Urteil des LAG wieder aufgehoben: Bei Rechtsanwälten gilt das oben gesagte also – natürlich – nicht. Die können Überstunden schieben, so viel sie wollen. Bezahlt wird da nichts.

Ein Machtkartell zwischen Bundesrichtern und Großkanzleien?

Keine glaubhafte Erklärung. Aber sollte sich der 5. Senat derart verrannt haben? Gar eine Änderung der Rechtsprechung, so dass es vielleicht auf die Höhe des Gehalts ankommt?

Wir warten mal auf die Entscheidungsgründe – aber klar ist jetzt schon: Anwälte haben keine Freunde. Auch nicht bei Bundesrichtern. Eine Krähe…aber lassen wir das.

Associates bekommen eh’ zu viel Geld.