Böse: Air Berlin baut Personal ab.
Dazu muss man sagen: Das Unternehmen steht mit dem Rücken zur Wand, ist aber nicht überflüssig. Die Frage ist nur, ob sie das Ruder herumreißen können. Wir wünschen uns das in Berlin ja, auch wenn wir hier bald gar keinen Flughafen mehr haben werden. Aber ich wünsche mir so vieles, das an untergehenden Unternehmen hängt (siehe BlackBerry).
Auch böse: Die Kündigungen schlagen auf, bevor es einen Betriebsrat gibt. Die Morgenpost schreibt:
Bis Anfang nächster Woche werden wohl weitere Kündigungen rausgehen”, sagt einer aus dem Unternehmen. Erst dann, nämlich am 27. Februar, wird sich bei der “Air Berlin plc & Co. Luftverkehrs KG” – so der offizielle Name der Betriebseinheit – der Betriebsrat die Arbeit aufnehmen.
Weise wird auch angemerkt:
Ein Betriebsrat erschwert für eine Firma die Prozedur des Stellenabbaus.
Ja, stimmt durchaus: Man muss ihn anhören und schafft damit enorme Wirksamkeitsrisiken für die Kündigungen (§ 102 BetrVG). Außerdem muss man ewig über Interessenausgleiche verhandeln, was viele Monate Lohnzahlung kosten kann (§ 111 BetrVG), und schließlich muss noch ein sauteurer Sozialplan her (§ 112 BetrVG).
Spart man sich das alles, wenn man schnell alle rauswirft, bevor es den Betriebsrat gibt? Ah, das ist eine sehr uneindeutige Sache und verspricht viel, viel Ärger.
Zeitungen sind ja nicht immer genau. Aber wenn der Betriebsrat seine Arbeit erst noch „aufnehmen“ soll, heißt das eigentlich: Er ist schon gewählt.
Klar ist die Rechtslage aber nur, wenn man kündigt, bevor er gewählt ist: Dann kann keinerlei Betriebsratsbeteiligung gefordert werden, auch dann nicht, wenn der böse Unternehmer (er ist immer der Böse) bei seiner Umstrukturierung schon wusste, dass die Wahlen anstehen hat man noch 1993 so gesehen: BAG, Beschluss vom 20.04.1982 – 1 ABR 3/80).
Haben Sie es gemerkt?
Genau: So isses hier nicht:
Die Wahl war schon, der Betriebsrat hatte wohl nur noch keine konstituierende Sitzung. Die ist in § 29 BetrVG geregelt, hat aber doch mehr den Zweck, den Betriebsrat selbst zu organisieren, also z.B. den Vorsitzenden zu wählen. Die Amtszeit des Betriebsrats beginnt nach § 21 BetrVG weitaus früher – z.B. mit der Bekanntgabe des Wahlergebnisses, weil es hier bei AirBerlin in der Zentrale wohl vorher noch keinen gab.
Die Rechtsprechung aus 1993 hat deshalb mit AirBerlin nichts zu tun. Noch schlimmer: Man kann über diese Fragen eine Einigungsstelle bilden und ihre Einsetzung gerichtlich erzwingen – meinte deshalb das LAG Saarland (sonst eher selten im Fokus) noch mit einem Beschluss vom 14. 5. 2003 (2 TaBV 7/03).
Da kann man also den beteiligten Sparfüchsen nur zurufen:
Viel Spaß!
Vorausgesetzt, der Betriebsrat will alle Register ziehen, versteht sich.