Stellen Sie sich vor – der Traum aller Gymnasiasten: Die Lehrer streiken bei der Prüfung, engagierte Eltern setzen im Klageweg durch, dass als Schadensersatz die Hochschulreife dann ohne Nachprüfung verliehen wird.
So kommt es – vielleicht – wenigstens teilweise in Berlin. Meint der Senat und war deshalb beim Arbeitsgericht. Also:
Die GEW – das ist die Gewerkschaft, die Lehrer vertritt – will bekanntlich einen eigenen Tarifvertrag für angestellte Lehrer (in Berlin gibt es nur Restposten von Beamten aus alten Tagen, ganz modern machen wir heute nur noch auf angestellt). Dazu hat sie angekündigt, zu streiken (was auch sonst).
Am Tag der Abiprüfung!
Am Morgen – im Radio – konnte man die Wut auf der Straße kaum fassen. Und selbst schäumte man auch, am Steuer auf dem Weg nach Brandenburg an der Havel übrigens. Die armen Schüler! Außerdem: Das ist ja wohl unverhältnismäßig – gibt es nicht einen Tarifvertrag mit ver.di? Und überhaupt, das geht so gar nicht.
Also marschierte das Land zum Arbeitsgericht Berlin, wo eine einstweilige Verfügung gegen den Streik beantragt wurde. Das war, wie gesagt, am Morgen. Der Fahrer in Richtung Brandenburg war sich sicher: Da liegt die Sache in guten Händen.
Ja, und dann noch: Im Radio ließ tatsächlich so ein Mann von der Gewerkschaft verlauten, dass der Streik stattfände, egal, was das Gericht sage.
So viel Rechtsfeindlichkeit ließ den Anwalt, der Inforadio hörte, fast von der Autobahn abkommen.
Dann war es Nachmittag und das Arbeitsgericht lehnte die einstweilige Verfügung ab. Da wäre der Anwalt fast das zweite Mal aus der Spur gekommen, in der Nähe der Parforceheide, um genau zu sein (legendär von einem ungenannten Kollegen aus dem Westdeutschen weinselig mal selbstbewusst „Parfortscheheide“ tituliert, ohne Widerspruch aus der Anwaltsrunde übrigens).
Liest man die Pressemitteilung des Arbeitsgerichts, wird alles dann ziemlich kleinlaut, am kleinlautesten müsste das Land Berlin werden. Ver.di konnte offenbar glaubhaft machen (oder das Land nicht widerlegen), dass es genug beamteten Ersatz für Aufsicht und Durchführung der Prüfung gibt. Dass es schon einen Tarifvertrag gäbe – dann scheitert der Streik an der sog. Friedenspflicht – äh…das wird immer gesagt, es scheint nur einfach falsch zu sein.
Dann wird es auch nichts mir einer Streikuntersagung. Man sollte sich eben nicht immer gleich so aufregen (Arbeitsgericht Berlin, Urteil vom 22.04.2013 – 59 Ga 5770/13). Sollen sie doch streiken. Wenn da was schiefgeht mit den Prüfungen, bekommen die Lehrer das zu spüren, was an der Schule schlimmer als Schüler, Verwaltung und Dienstherr zusammen ist: Die Eltern…