Erinnern Sie sich noch an Chattanooga in Tennessee und die Betriebsräte? Nun, wir hätten nicht nach Tennessee gehen müssen, um Widerstand gegen Betriebsräte im eigenen Betrieb zu entdecken, Königssee in Thüringen hätte gereicht. Was dort nach einem Bericht des Portals TLZ Online geschieht, liest sich ganz ähnlich: Belegschaft will Betriebsrat verhindern. Verkehrte Welten?
In dem 91-köpfigen Betrieb, der Bandagen (weiche?) herstellt, soll eine Betriebsratswahl stattfinden. erstmalig. Dann kommt ein Aufruf zur Unterschriftenliste gegen – Sie lesen richtig – gegen die geplante Wahl. Das passiert an sich gar nicht so selten, im Mittelstand allemal. Arbeitgeber, die Berührungsängste mit dem BetrVG haben, dürfen sich in bestimmten Grenzen wehren und auch Mitarbeiter mobilisieren. Man sollte nur aufpassen, dass die Grenze zur Behinderung nicht überschritten wird. Nach § 119 BetrVG ist die Behinderung einer Betriebsratswahl für jedermann (und -frau) strafbar, nicht nur für den vielleicht dahinter die Fäden ziehenden Arbeitgeber.
Ungewöhnlich ist hier aber schon, wie weit die Meinungsäußerung der Gegner innerbetrieblich geht. Sagenhafte 66 Arbeitnehmer haben nämlich unterschrieben, Urlaubs- und Krankheitsabwesenheiten einkalkuliert, dürfte damit schon die Besetzung eines Wahlvorstandes schon schwer werden. Es sind ja alle dagegen…Die Betriebsversammlung, zu der ein Gewerkschaftsvertreter erschien (auch die im Betrieb vertretenen Gewerkschaften können zur Wahl aufrufen, § 17 Abs. 3 BetrVG), muss heiß gewesen sein – TLZ Online:
“Die Emotionen kochten hoch. Während die Geschäftsführung, die als Zuhörer teilnehmen durfte, mit Applaus bedacht wurde, gab es Buh-Rufe für die Vertreter der IGMetall.”
Geht so etwas mit rechten Dingen zu? Die Geschäftsleitung hat sich scheinbar nicht lumpen lassen:
…die Mehrzahl der Mitarbeiter [wurde] extra für die Betriebsversammlung mit Trillerpfeifen und Vuvuzelas ausgestattet…
Von wem wohl?
Tatsächlich ist es so, wie die Gewerkschaft behauptet: Nach dem BetrVG kann man Wahlen nicht einfach per Volksentscheid blockieren. Wenn die Belegschaft aber tatsächlich so feindselig ist, bleibt die Weisheit, dass niemand zu seinem vermeintlichen Glück gezwungen werden kann. Ein Betriebsrat, der keine Wähler hat, genießt auch wenig Ansehen. Aber Betriebsrat ist Betriebsrat und nach § 14 BetrVG kann die Gewerkschaft auch Wahlvorschläge machen. Nur ein Minimum an Kandidaten müsste sich schon finden. Da wäre es für den Arbeitgeber vielleicht besser, mit den Wölfen zu heulen. Er kann sich ja mit einer der berüchtigten Arbeitgeberlisten bewerben.
Bis dahin regiert die Vuvuzela…