…dann wissen Sie ja, dass Ihre Kleidung zu freizügig ist!
Habe natürlich nicht ich gesagt, sondern ein Zahnarzt aus Iowa – zu seiner Assistentin. Gegen Ende des ca. 9-jährigen Arbeitsverhältnisses, das wirklich nur aus Arbeit und nicht auch noch aus Verhältnis bestand, wurde immer vertrauter über sexuelle Fragen geredet.
Sie:
Mein Mann und ich haben nur noch selten Sex.
Er:
Das ist wie einen Lamborghini in der Garage zu haben und ihn nie zu fahren
Schließlich hat er sie gefeuert, weil sie zu attraktiv sei und daher seine Ehe gefährden würde. Er wolle dem Vorbeugen. Zu Recht, fand der Iowa Supreme Court (hier das vollständige Urteil vom 21.12.2012 – auch ein schöner Einblick in eine für unsere Verhältnisse fast informelle, gleichwohl gründliche Auseinandersetzung mit einer Rechtssache). Eine Diskriminierung sei das nicht. Obwohl, bemerkt das Gericht, der Gekündigten Ms Nelson zuzugeben ist, dass die Grenzziehung schwierig sei:
Nelson raises a legitimate concern about a slippery slope
Aber es gab eine Entscheidung nicht zum Geschlecht, sondern zum konkreten Sexualverhalten, fand das Gericht:
Dr. Knight responds that Nelson was terminated not because of her sex—after all, he only employs women—but because of the nature of their relationship and the perceived threat to Dr. Knight’s marriage.
“Terminated” ist – bitte keine Verwechslungen – hier nur als “gekündigt“, und nicht im Sinne Arnold Schwarzeneggers zu verstehen; wieder einmal wird einem Ausländer klar, dass es in der vermeintlichen angelsächsischen Welt nicht nur eine Gemeinsamkeit durch eine gemeinsame Sprache, sondern auch viele Gräben eben wegen dieser Sprache gibt…
Das alles – was die Bewertung des Gerichts anbelangt – stimmt wohl. Warum es aus ihrer Sicht dennoch unfair ist, erklärt Klägerin Melissa Nelson bei CNN hier persönlich.
Damit reiht sich der Fall in die auch in Deutschland bekannten Fälle „gekündigt, weil zu sexy“ ein. Sicher eher eine Ausnahme in der juristischen Welt. Die wohlfeile Frage, wie das in Deutschland wäre, wage ich nicht zu beantworten. Aber klar ist: Eine Güterabwägung (Ehe gegen Geschlecht) gibt es im AGG nicht. Hierzulande müsste man wohl von einer unmittelbaren Diskriminierung ausgehen, zumal „Du bist zu heiß“ eher subjektiv ist. Andererseits kann das ja wohl kaum das Ergebnis sein: Absichtsvoll (also mit dem Ziel einer Diskriminierungsklage) in Strapsen beim Chef erscheinen und wenn man aufgefordert wird, sich was überzuziehen, zum Anwalt rennen? An der Lösung muss ich noch arbeiten. Wie immer, schreiten die USA voran.
Berichtet hatten u.a. die ZEIT und der Betriebsrats-Blog.