Rechtsanwalt Wolf J. Reuter

Jacobsen Rechtsanwälte Rechtsanwaltsgesellschaft mbH
10707, Berlin
31.05.2013

“Backfire” und die Gefahren gründlicher Vorbereitung

Fristlos. Das musste so kommen, unbedingt. Der Kläger hat es einfach nicht geschafft, sich in den zurückliegenden 12 Monaten beim Arbeitgeber zu melden.

Wir alle haben ja mal zu viel zu tun, um unsere Freundschaften zu pflegen.

Der Arbeitgeber wusste nur, dass – bis vor etwa 12 Monaten – sein Mitarbeiter eine befristete Rente wegen vorübergehender Erwerbsunfähigkeit hatte. Dann folgten vergebliche Telefonate, Schreiben, Auskunftsersuchen, Bitten, sich beim Betriebsarzt vorzustellen. Vergeblich. Nach dem dritten versäumten Arzttermin (und ohne jede Rückmeldung) hat der Arbeitgeber zur Kündigung gegriffen.

Das weckt gewaltig auf! Zwischen Kündigung und – anwaltlicher – Kündigungsschutzklage liegen rekordverdächtige drei Tage. Und sie hat 8 Seiten. Die Kündigungsschutzklage. Es geht um die ganz großen Fragen.

Ein PKH-Antrag kam auch mit der Klage.

Die Akte hatte bereits eine ziemliche Dicke. Also wird ein Zeitstrahl gefertigt: Wann war der letzte verpasste Termin, gab es eine Abmahnung – wann? -, Betriebsratsanhörung, Integrationsamt (klar: Schwerbehinderung), unverzüglicher Kündigungsausspruch. Zeit und Mühen.

Es folgt die Güteverhandlung.

Der Richter zieht den PKH-Antrag heraus. Ich stehe in den Startlöchern. Dazu muss man übrigens wissen – nein, nicht, wie ich aussehe, wenn ich in der “Startlöchern” stehe, sondern, dass die PKH-Unterlagen nur für das Gericht sind. Der Gegner – ich – bekommt sie nicht, weil sie persönlichste Wirtschaftsdaten enthalten.

Gleich kommt mein Einsatz. Kündigung rechtfertigen, alles abspulen, der Zeitstrahl liegt vor mir.

Aus.

Der Richter zieht einen Rentenbescheid aus den PKH-Unterlagen und will vom Kläger wissen, ob ich den auch sehen dürfe. Er bejaht. Ich staune nicht schlecht: Es ist eine unbefristete Erwerbsunfähigkeitsrente. Nach Arbeits- und Tarifvertrag ist der Arbeitsvertrag mit so einem Ding – beendet. Vor fast einem Jahr übrigens. Die Kündigungsschutzklage auch. Denn ohne Arbeitsvertrag geht sie ins Leere, wie die Kündigung schon vorher.

Einen so simplen Umstand sollte das Organ der Rechtspflege, hier sogar mit Robe erschienen, eigentlich herausfiltern. Hat er aber nicht. Die Strafe ist drastisch: Keine PKH, kein Geld.

Meine Strafe auch: Die ganze Vorbereitung – umsonst…dabei habe ich doch nichts getan. Ich bin unschuldig.