Rechtsanwalt Udo Schwerd

Udo Schwerd
81379, München
Rechtsgebiete
Steuerrecht Handelsrecht und Gesellschaftsrecht Erbrecht
07.08.2020

Tod des alleinigen Geschäftsführers einer GmbH

Beim Tod des alleinigen Geschäftsführers einer GmbH sind schnelle Lösungen erforderlich, damit die Gesellschaft handlungsfähig bleibt und sich hieraus keine Unternehmenskrise entwickelt. Stirbt der alleinige Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH, ist die Bestellung eines Notgeschäftsführers ein Ausweg aus dem Dilemma mit der Gesellschafterliste.

Inhalt:

  1. Tod des alleinigen Geschäftsführers einer GmbH
  2. Tod des alleinigen Gesellschafter-Geschäftsführers einer GmbH
  3. Antrag auf Bestellung eines Notgeschäftsführers

1. Tod des alleinigen Geschäftsführers einer GmbH

Die Geschäftsführer führen die Geschäfte der GmbH und vertreten diese nach außen. Die GmbH muss immer mindestens einen Geschäftsführer haben, da sie anderenfalls regelmäßig handlungsunfähig ist. Hat die GmbH nur einen Geschäftsführer, ist bei dessen Tod unverzüglich ein neuer Geschäftsführer zu bestellen.

Für die Bestellung eines Geschäftsführers ist die Gesellschafterversammlung zuständig (§ 46 Nr. 5 GmbHG). Es ist ein Beschluss der Gesellschafter und zumindest eine konkludente Annahme des Amts durch den ernannten Geschäftsführer notwendig. Sofern die Gesellschafter keine anderweitige Regelung im Gesellschaftsvertrag getroffen haben, ist grundsätzlich eine einfache Mehrheit der Gesellschafter erforderlich.

War der Geschäftsführer nicht am Stammkapital der GmbH beteiligt, sollte die Bestellung eines neuen Geschäftsführers in den meisten Fällen zeitnah möglich sein. Leider ist der Tod des alleinigen Geschäftsführers einer GmbH oftmals Anlaß für einen Gesellschafterstreit über die weitere Strategie des Unternehmens, zu der auch die Person des Geschäftsführers gehört.

Können sich die Gesellschafter nicht auf einen neuen Geschäftsführer einigen, ist beim Registergericht am Sitz der Gesellschaft ein Antrag auf Bestellung eines Notgeschäftsführers möglich.

2. Tod des alleinigen Gesellschafter-Geschäftsführers

War der Verstorbene alleiniger Geschäftsführer und zugleich (einziger) Gesellschafter der GmbH, ist das Prozedere zur Bestellung eines neuen Geschäftsführers etwas komplexer.

Stirbt ein Gesellschafter der GmbH, gehören die Geschäftsanteile zum Nachlass (§ 15 Abs. 1 GmbHG). Die Erben werden mit dem Erbfall kraft Gesetzes Gesellschafter der GmbH (§§ 1922, 1967 BGB). Wer zu den Erben des verstorbenen Gesellschafters gehört, bestimmt sich zunächst nach dem Erbrecht. Hier kommt es im wesentlichen darauf an, ob der Erblasser eine Verfügung von Todes wegen (Testament, Erbvertrag) hinterlassen hat. Ist das nicht der Fall, sind die Erben gem. gesetzlicher Erbfolge zu bestimmen.

Im zweiten Schritt ist zu prüfen, ob der Gesellschaftsvertrag der GmbH eine besondere Regelung im Falle des Todes eines Gesellschafters enthält. Ist das nicht der Fall, werden der oder die Erben (als Erbengemeinschaft) Gesellschafter der GmbH.

Das Dilemma mit der Gesellschafterliste

Die Erben gelten im Verhältnis zur Gesellschaft jedoch erst mit Aufnahme in die Gesellschafterliste (§ 16 Abs. 1 GmbHG) als stimmberechtigte Gesellschafter (OLG Jena, Urteil vom 01.09.2016, Az. 2 U 95/15). Bis dahin können sie nicht wirksam an der Bestellung eines neuen Geschäftsführers mitwirken. Die Einreichung einer neuen, geänderten Gesellschafterliste ist jedoch nicht möglich, da es den hierzu berechtigten Geschäftsführer nach dessen Tod nicht mehr gibt (§ 40 Abs. 1 S. 1 GmbHG). Ein echtes Dilemma.

Einige Registergerichte lösen dieses Dilemma dahingehend, dass sie den Beschluss zur Bestellung eines neuen Geschäftsführers unter Mitwirkung der Erben als „künftige Listengesellschafter“ akzeptieren. Voraussetzung ist, dass die Registeranmeldung des neuen Geschäftsführers einen Erbnachweis und eine neue Gesellschafterliste enthält.

Das OLG Köln führt in seinem Beschluss vom 27.06.2019 hierzu wie folgt aus:

Es muss nicht entschieden werden, ob es den noch nicht in die Gesellschafterliste aufgenommenen Gesellschafter-Erben möglich ist, ihre Gesellschafterrechte zumindest schwebend unwirksam wahrzunehmen und so die Bestellung eines neuen Geschäftsführers zu erreichen. Selbst wenn dies möglich sein sollte, ist dieser Weg rechtlich nicht unbedenklich. Dies zeigt die schwebende Unwirksamkeit. Wenn unter den Gesellschaftern hierüber kein Konsens besteht, ist dieser Weg sogar mit erheblichen Risiken behaftet.

Daher ist der Antrag beim Registergericht auf Bestellung eines Notgeschäftsführers der richtige Weg. Dieser führt bis zur Klärung der Erben durch Ausstellung eines Erbscheins die Geschäfte der GmbH (OLG Köln, Beschluss vom 27.06.2019, Az. 18 Wx 11/19).

4. Antrag auf Bestellung eines Notgeschäftsführers

Die Bestellung eines Notgeschäftsführers durch das Registergericht ist als eklatanter Eingriff in die Autonomie einer Kapitalgesellschaft nur in Ausnahmefällen zulässig. Ein solcher Ausnahmefall ist gegeben, wenn die Gesellschaftsorgane der „führungslosen GmbH“ nicht in der Lage sind, in angemessener Zeit einen Geschäftsführer zu bestellen und dadurch potentiellen Schaden von der Gesellschaft oder einem Beteiligten abzuwenden.

Die Bestellung eines Notgeschäftsführers erfolgt auf Antrag eines Beteiligten durch das Registergericht am Sitz der Gesellschaft. Das Registergericht ist bei der Auswahl des Notgeschäftsführers frei und insbesondere nicht an Vorschläge des Antragstellers gebunden. Der Notgeschäftsführer kann aus dem Kreis der anderen Gesellschafter oder Erben bestimmt werden. Denkbar ist auch die Bestellung eines leitenden Mitarbeiters.

Die Vergütung des Notgeschäftsführers sollte möglichst im Vorfeld verhandelt und geregelt werden. In jedem Fall hat der Notgeschäftsführer Anspruch auf ein angemessenes Gehalt. Die Bestellung wird wirksam mit der Bekanntgabe und Annahme der Bestellung durch die entsprechende Person.

Sachlich wird die Geschäftsführungsbefugnis auf die notwendigsten Maßnahmen beschränkt. Im Einzelfall ist die Beschränkung der Geschäftsführungsbefugnis auf die Einreichung einer neuen Gesellschafterliste und die Einberufung einer Gesellschafterversammlung zur Bestellung eines neuen Geschäftsführers denkbar.

Das Amt endet, sobald die in der Gesellschafterliste ausgewiesenen Gesellschafter einen neuen Geschäftsführer bestellt haben.


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