Rechtsanwalt Udo Schwerd

Udo Schwerd
81379, München
Rechtsgebiete
Steuerrecht Handelsrecht und Gesellschaftsrecht Erbrecht
09.11.2009

Rechtsformvergleich zwischen GmbH, Unternehmergesellschaft und Limited

Nach der Entscheidung des Europäischen Gerichtshof (EuGH) in der Rechtssache Inspire Art vom 30. September 2003 (Rs. C-167/01) machte die ausländische Rechtsform der Limited mächtig Konkurrenz zur GmbH, die in vielen Aspekten deutlich unterlegen war. Das hatte den deutschen Gesetzgeber veranlasst, das GmbH- Gesetz zu reformieren und speziell für Existenzgründer mit wenig Startkapital die Rechtsform der Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) einzuführen. Nach etwa einem Jahr Unternehmergesellschaft war ich neugierig, ob für die Limited in Deutschland noch Bedarf besteht und wie der Vergleich zwischen GmbH, Unternehmergesellschaft und Limited ausfällt. Schauen wir uns also mal die drei Rechtsformen GmbH, Unternehmergesellschaft und Limited im Vergleich an. Hierzu habe ich die Vor- und Nachteile der jeweiligen Rechtsformen bei den wichtigsten Aspekten einer Kapitalgesellschaft untersucht: Inhalt:
  1. 1. Gründung
    1. 1.1. Stammkapital
    2. 1.2 Gründungskosten
    3. 1.3 Dauer der Gründung
  2. 2. Organe der Gesellschaft
  3. 3. Kapitalerhaltung
  4. 4. Haftung
  5. Fazit
  Sehr interessant wäre auch das Ansehen der jeweiligen Rechtsformen im Geschäftsverkehr. Da ich jedoch noch keine aussagekräftige Untersuchung diesbezüglich kenne, wäre ich hier auf meine Vermutung angewiesen. Mit Sicherheit lässt sich jedoch sagen, dass die GmbH von den drei Rechtsformen das größte Ansehen genießt. 1. Gründung 1.1. Stammkapital Ein wesentliches Ziel der Reform des GmbH-Gesetzes durch das MoMiG war auch die Erleichterung und Beschleunigung der Unternehmensgründungen in Deutschland mittels GmbH. Die zu Beginn des Gesetzgebungsverfahrens im Entwurf noch vorgesehene Absenkung des Mindeststammkapital der GmbH von 25.000 Euro auf 10.000 Euro wurde nicht ins GmbH-Gesetz übernommen. Zur Gründung einer GmbH ist daher weiterhin ein Stammkapital von 25.000 Euro erforderlich. Hier hat sich also nichts geändert. Die GmbH bleibt somit die Rechtsform des Mittelstandes, wo die Erbringung einer Stammeinlage in Höhe von 25.000 Euro unproblematisch ist. Existenzgründer mit wenig Kapital haben jedoch die Möglichkeit zur Gründung einer Unternehmergesellschaft mit Haftungsbeschränkung erhalten, die im Extremfall mit einem Kapital von 1 Euro pro Gesellschafter gegründet werden kann. Die Erbringung der Stammeinlagen muss jedoch in bar erfolgen. Die Gründung der Limited ist mit 1 Brit. Pfund möglich, wobei die Erbringung der Einlagen flexibel gestaltet werden kann. Bei Sacheinlagen ist kein Bewertungsgutachten erforderlich. Der frühere entscheidende Vorteil der Limited bei der Kapitalaufbringung ist durch die Einführung der Unternehmergesellschaft deutlich geringer geworden. Angesichts der Möglichkeit zur Gründung einer Unternehmergesellschaft mit 1 Euro ist die “Notlösung Limited” nicht mehr erforderlich, um eine Haftungsbeschränkung zu erlangen. 1.2 Gründungskosten Die Gründungskosten variieren bei der GmbH und Unternehmergesellschaft nach der Höhe des Stammkapital. Bei der Gründung einer GmbH mit 1 Gesellschafter und Erbringung der Mindeststammeinlage von 12.500 Euro betragen die notariellen Kosten etwa 500 Euro zuzüglich Umsatzsteuer. Hinzu kommen die Kosten für die Bekanntmachung im elektronischen Bundesanzeiger in Höhe von etwa 100 Euro. Die Kosten für die Erstellung eines Geschäftsführervertrages können je nach Aufwand weit darüber hinaus gehen. Die Gründung einer Unternehmergesellschaft ist etwas günstiger zu haben. Hier betragen die Gründungskosten für die Gründung einer Gesellschaft mit 1 Gesellschafter ca. 400 Euro und bei einer Gesellschaft mit mehreren Gesellschaftern ca. 500 Euro. Die Gründung einer Limited erfolgt in der Regel über ein Dienstleister, der alle erforderlichen Unterlagen vorbereitet und am Sitz der Limited einreicht. Als möglicher Sitz der Limited stehen England, Wales, Schottland und Nordirland zur Auswahl. Die Gründungskosten sind vom Anbieter abhängig, aber im Schnitt vergleichbar mit den Gründungskosten einer GmbH oder Unternehmergesellschaft. Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass die Gesamtkosten der Gründung einer Limited auch bis zu 700 € betragen können. Die Gründungskosten (ohne erforderliches Stammkapital) waren bei der Limited im Vergleich zur GmbH noch nie entscheidend geringer. Die Gründung einer Unternehmergesellschaft dürfte inzwischen sogar günstiger sein als die Gründung einer Limited. 1.3 Dauer der Gründung Da der Gründungsvorgang einer GmbH bzw. Unternehmergesellschaft inzwischen in elektronischer Form erfolgt, besteht zwischen den beiden Rechtsformen kein nennenswerter Unterschied. Im Einzelfall hängt die Dauer der Gründung einer GmbH bzw. Unternehmergesellschaft nur davon ab, wie schnell man einen Termin beim Notar seines Vertrauens erhält. Die Erstellung einer Satzung und die Erfüllung der übrigen Formalien sind innerhalb einer Stunde erledigt. Mittels elektronischer Übermittlung der Dokumente an das zuständiger Registergericht vergehen in der Regel zwischen Eintragungsantrag und dem Vollzug der Eintragung ins Handelsregister etwa 2 bis 3 Werktage. Da die Gründung einer Limited ohne Einschaltung eines Notar erfolgt und die Stammdaten elektronisch erfasst und an das Companies House übermittelt werden, ist die Errichtung einer Limited üblicherweise in einer Woche erledigt. Gegen eine extra Gebühr ist sogar eine Eintragung am Tag des Eingang der Gründungsdokumente möglich. In aller Regel erfolgt eine Existenzgründung in geordneten Bahnen, die einige Zeit an Vorbereitung in Anspruch nimmt. Da dürfte es auf die Dauer der Gründung der Gesellschaft nicht mehr ankommen, da der zeitliche Unterschied zwischen GmbH bzw. Unternehmergesellschaft auf der einen Seiten und Limited auf der anderen unwesentlich ist. 2. Organe der Gesellschaft Die Organe der GmbH und der Unternehmergesellschaft sind identisch und bestehen aus Gesellschafterversammlung und Geschäftsführung. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit zur freiwilligen Bildung eines Aufsichtsrat oder Beirat. In bestimmten gesetzlichen Fällen sind diese Einrichtungen auch vorgeschrieben. Dies betrifft jedoch vorwiegend große Unternehmen mit mehr als 500 Beschäftigten. Die Gesellschafter der GmbH oder Unternehmergesellschaft bilden die Gesellschafterversammlung, die über die langfristigen Ziele der GmbH bzw. Unternehmergesellschaft entscheidet. Das Gewicht der einzelnen Gesellschafter bestimmt sich nach seinem Anteil am Stammkapital der Gesellschaft. Außerhalb der Gesellschafterversammlung hat der Gesellschafter nur sehr eingeschränkte Rechte. Zentrales Recht der Gesellschafterversammlung ist die Bestellung und Abberufung der Geschäftsführer. Der oder die Geschäftsführer leiten die Gesellschaft nach den Bestimmungen des Gesellschaftsvertrages und der gesetzlichen Regelungen und entscheiden in diesem Rahmen auch welche Mittel am besten zur Erfüllung der gesetzten Ziele geeignet sind. Auch bei der Limited ist die Gesellschafterversammlung (shareholder meeting) das oberste Organ. Die Geschäftsführung (director) ist an die Beschlüsse der Gesellschafterversammlung gebunden. Die Limited benötigt jedoch einen offiziellen Schriftführer (company secretary), der nur dann gleichzeitig Geschäftsführer sein darf, sofern mehrere Geschäftsführer vorhanden sind. Der Schriftführer ist für das Protokoll und die Überwachung der Formalitäten bei der Gesellschafterversammlung sowie die Erstellung und Vervollständigung des Satzungsregister (statuatory register) verwantwortlich. Üblicherweise werden Dienstleister mit der Aufgabe der Schriftführung beauftragt, wodurch zusätzliche Kosten entstehen. Während die GmbH und die Unternehmergesellschaft also standardmäßig nur Gesellschafterversammlung und Geschäftsführung kennt, muss bei der Limited zusätzlich ein Schriftführer eingeschalten werden, wodurch bei der Limited auf Dauer zusätzliche Kosten entstehen. In vielen Fällen wird hierfür ein Dienstleister eingeschalten, wodurch bei der Limited nicht unerhebliche laufende Kosten anfallen. 3. Kapitalerhaltung Die Vorschriften zur Kapitalerhaltung sind bei den drei Rechtsformen unterschiedlich ausgestaltet. Die Vorschriften zur Kapitalerhaltung bei der GmbH lassen eine Ausschüttung der Rücklagen bis zur Auszahlungssperre des § 30 GmbHG zu. Bei der Unternehmergesellschaft muss vom erwirtschafteten Gewinn gem. § 5a Abs. 3 S. 1 GmbHG eine gesetzliche Rücklage in Höhe von 1/4 des Jahresüberschuss (vermindert um einen etwaigen Verlustvortrag aus dem Vorjahr) eingestellt werden (Thesaurierungsverpflichtung). Diese Verpflichtung besteht bis zur Errichtung der regulären GmbH mit einem Stammkapital von 25.000 Euro. Bei der Limited sind Ausschüttungen nur aus realisierten Gewinnen der Gesellschaft zulässig. Die strengen Kapitalerhaltungsvorschriften der Limited bzw. die Thesaurierungsverpflichtung bei der Unternehmergesellschaft sind die Kehrseite des geringen Kapitalbedarfs bei Gründung. 4. Haftung Bei der GmbH und bei der Unternehmergesellschaft ist zu unterscheiden zwischen der Haftung gegenüber der GmbH, Haftung gegenüber Dritten und der Haftung des Geschäftsführers gegenüber Gesellschaftern. Diesbezüglich verweise ich auf die entsprechenden Beiträge. Bezüglich der Haftung ist bei der Limited aufgrund des englischen Gesellschaftsstatus zwingend englisches Recht anzuwenden, auch wenn die Limited allein in Deutschland ihre Tätigkeit ausübt. Hier offenbart sich der große Nachteil der Limited, da das englische Recht den Gläubigerschutz durch eine verschärfte Handelndenhaftung sichert. Kommt es bei der Limited zu einer Unterkapitalisierung oder zu einer Vermögensmischung mit Gesellschafter oder Geschäftsführer, tritt eine unbeschränkte persönliche Haftung der für die Gesellschaft handelnden Person ein. Im Falle der Insolvenz einer Limited kennt das englische Recht eine noch schärfere Haftung als das deutsche Recht. Im Falle des “wrongful trading” haftet der Direktor persönlich unbegrenzt, wenn er wusste oder hätte wissen müssen, dass eine vernünftige Chance besteht, die Insolvenz der Gesellschaft zu vermeiden und nicht alle Maßnahmen ergriffen hat, um die Nachteile für die Gläubiger zu minimieren. Das gleiche gilt im Falle des “fraudulent trading“, wenn der Direktor bei nahender Insolvenz entgegen der Gläubigerinteressen gehandelt hat. Gläubiger einer Limited können bei Verzug sogar ohne Wissen des Betroffenen ein Insolvenzverfahren einleiten. Fazit Als Fazit würde ich feststellen, dass für die Gründung einer Limited in Deutschland kein Raum mehr besteht, sofern nicht ausdrücklich ein internationales Auftreten des Unternehmens angestrebt ist. Für diejenigen Existenzgründer mit wenig Kapital steht aus meiner Sicht die besser geeignete Rechtsform der Unternehmergesellschaft mit Haftungsbeschränkung zur Verfügung, die bei den Gründungskosten vergleichbar mit der Limited ist. Im laufenden Betrieb offenbart die Unternehmergesellschaft mit Haftungsbeschränkung ihre Vorteile, da die laufenden Kosten geringer sind und darüber hinaus die gesetzlich vorgesehene Möglichkeit zur Aufwertung zur GmbH besteht. Zusätzlichen Kosten der Schriftführung und einer verschärften Haftungsgefahr bei der Limited stehen keine gleichwertigen Vorteile gegenüber GmbH und Unternehmergesellschaft gegenüber. Copyright © 2008
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EuGH, Geschäftsführer, GmbH, GmbHG, Gründung, Haftung, Kapitalerhaltung, Limited, Organe, Rechtsform, Stammkapital, UG, Unternehmergesellschaft