Seitdem die Deutsche Rentenversicherung anlässlich einer Betriebsprüfung schwerpunktmäßig auch den sozialversicherungsrechtlichen Status beschäftigter Geschäftsführer in der GmbH überprüft, häufen sich bei mir die Fälle, in denen es auch um die Haftung der Steuerberater geht. Im Raum stehen häufig vier- bis fünfstellige Beitragsnachforderungen, die sich aus der Fehlbeurteilung des sozialversicherungsrechtlichen Status beschäftigter Geschäftsführer ergeben.
Statusfeststellung beim Gesellschafter-Geschäftsführer
Seit dem Übergang der Prüfungskompetenz von den Krankenkassen auf die Deutsche Rentenversicherung werden die Arbeitgeber gem. § 28p Abs. 1 SGB IV regelmäßig alle 4 Jahre überprüft. Hierbei wird geprüft, ob der Arbeitgeber seine Meldepflichten und die sonstigen Pflichten rund um die Sozialversicherungsbeiträge ordnungsgemäß erfüllt. Geprüft werden die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung, Rentenversicherung zur Arbeitsförderung und neuerdings auch zur betrieblichen Unfallversicherung.
Seit einigen Jahren gehört auch die Prüfung der Sozialversicherungspflicht der Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH zu den Schwerpunkten der Betriebsprüfung durch die Deutsche Rentenversicherung. Seit Änderung der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts und der Sozialgerichte in den vergangenen Jahren sind die Prüfer der Deutschen Rentenversicherung in diese Richtung sehr sensibilisiert, um nicht zu sagen, sie sind auf der Jagd. Im Visier sind vor allem solche Gesellschaften, an denen mehrere Gesellschafter beteiligt sind. Hat der Prüfer Zweifel an der bisherigen sozialversicherungsrechtlichen Beurteilung der beschäftigten Geschäftsführer, leitet er ein entsprechendes Statusfeststellungsverfahren ein, um an zentraler Stelle zu entscheiden, ob diese als sozialversicherungspflichtige Arbeitnehmer oder wie selbständige Unternehmer zu behandeln sind.
Haftung der Steuerberater wegen Pflichtverletzung
Eine Fehlbeurteilung der Sozialversicherungspflicht beschäftigter Gesellschafter-Geschäftsführer führt regelmäßig zu gravierenden Nachforderungen im Anschluß an die Betriebsprüfung, die bei rückwirkender Betrachtung bis zu vier Jahren schnell vier- bis fünfstellige Summen erreichen.
Immer wieder berichten die betroffenen Unternehmen, dass die Steuerberater von der Feststellung der Sozialversicherungspflicht für die Vergangenheit ebenso überrascht waren wie die Geschäftsführer selbst. In den meisten Fällen erfolgte diesbezüglich keinerlei Prüfung, geschweige denn ein Statusfeststellungsverfahren, das beim Gesellschafter-Geschäftsführer seit 01.01.2005 obligatorisch durchzuführen ist. Diesbezüglich stellt sich dann die Frage, ob und inwieweit die Steuerberater für den entstandenen Schaden ersatzpflichtig sind.
Zur Umfang der Beratungs- und Hinweispflicht der Steuerberater kann man folgende Ausführungen als gefestigte Rechtsprechung des BGH (BGHZ 128, 358, 361; BGHZ 129, 386, 396) anführen:
Im Rahmen seines Auftrags hat der Steuerberater seinen Mandanten umfassend zu beraten und ungefragt über alle bedeutsamen (steuerlichen) Einzelheiten einschließlich insoweit bestehender zivilrechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten und deren Folgen zu unterrichten; dabei hat er von der Belehrungsbedürftigkeit seines Mandanten auszugehen. Darüber hinaus muss der Steuerberater seinen Auftraggeber möglichst vor Schaden bewahren; er muss ihm deswegen den sichersten Weg zu dem erstrebten steuerlichen Ziel aufzeigen und sachgerechte Vorschläge zu dessen Verwirklichung unterbreiten. Hierbei hat er den Mandanten in die Lage zu versetzen, eigenverantwortlich seine Rechte und Interessen wahren und eine Fehlentscheidung zu vermeiden.
Im Hinblick auf die sozialversicherungsrechtliche Behandlung eines GmbH-Geschäftsführers obliegt dem Steuerberater nach der Rechtsprechung des BGH (BGH, Urteil vom 23.09.2004, IX ZR 148/03) ebenfalls eine umfassende Beratungs- und Prüfungspflicht,
ob für den regelmäßig sozialversicherungspflichtigen Geschäftsführer einer GmbH eine Befreiung von der Sozialversicherungspflicht in Betracht kommt, wenn Beiträge nicht abgeführt werden. Ergeben sich in einem solchen Fall tatsächliche Unklarheiten oder sozialversicherungsrechtliche Schwierigkeiten, ist der Steuerberater gehalten, die Unklarheiten durch eigene Rückfragen auszuräumen oder deswegen ebenso wie für die Klärung sozialversicherungsrechtlicher Zweifel auf die Einschaltung eines hierfür fachlich geeigneten Beraters (muss heißen: Rechtsanwalts) hinzuwirken.
Eine solche umfassende Beratungs- und Prüfungspflicht des Steuerberaters enthält meines Erachtens auch die Hinweispflicht, dass
- Geschäftsführer einer GmbH regelmäßig wie alle anderen Arbeitnehmer der Gesellschaft sozialversicherungspflichtig sind und
- diese nur beim geschäftsführenden Gesellschafter ausnahmsweise bei Vorliegen besonderer Voraussetzungen entfallen kann.
Weiterhin ist die GmbH ungefragt zu belehren, dass diese bei nachträglicher Feststellung der Sozialversicherungspflicht im Rahmen einer Betriebsprüfung für die Beitragsnachforderungen haftet, ohne beim begünstigten Geschäftsführer Rückgriff nehmen zu können.
Haftung wegen Beitragsnachforderungen und Schadensberechnung
Wenn man eine Pflichtverletzung der Steuerberater hinsichtlich der fehlerhaften Beurteilung der Sozialversicherungspflicht der GmbH-Geschäftsführer bejaht, ist im 2. Schritt die Kausalität für den Schaden und letztendlich eine Schadensberechnung vorzunehmen.
Kausalität der Pflichtverletzung
Bei der Prüfung der Kausalität der Pflichtverletzung kommt der GmbH zunächst eine Beweiserleichterung gem. § 287 ZPO zugute, infolgedessen davon auszugehen ist, dass diese sich bei entsprechender Beratung und Belehrung durch den Steuerberater ordnungsgemäß verhalten hätte. Für diesen Fall ist zunächst zu unterstellen, dass die GmbH als Arbeitgeber des Geschäftsführers zumindest die Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung einbehalten und an die Einzugsstelle (= Krankenkassen) abgeführt hätte.
Berechnung des entstandenen Schadens infolge der Pflichtverletzung
Nach der Rechtsprechung des BGH ist im Rahmen der Schadensberechnung immer ein Gesamtvermögensvergleich vorzunehmen, beginnend mit dem Zeitpunkt, ab dem der Steuerberater seine Beratungs- und Hinweispflicht verletzt hat (BGH, Urteil vom 23.09.2004, IX ZR 148/03).
Der Vorteil einer verjährten Beitragspflicht des Arbeitgebers und der Nachteil des in unverjährter Zeit ausgeschlossenen Abzugs des Arbeitnehmeranteils stehen in einem inneren Zusammenhang, der beide Größen zu einer Rechnungseinheitv erbindet (vgl. zur Schadensberechnung insoweit allgemein BGHZ 91, 206, 210; 136, 52, 54 f; BGH, Urt. v. 19. Juli 2001 – IX ZR 62/00, WM 2001, 1605,1607).
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