Rechtsanwalt Udo Schwerd

Udo Schwerd
81379, München
Rechtsgebiete
Steuerrecht Handelsrecht und Gesellschaftsrecht Erbrecht
08.08.2020

Gehalt und Pension gleichzeitig = verdeckte Gewinnausschüttung

Geschäftsführergehalt und Pension gleichzeitig führen nach der Rechtsprechung des BFH regelmäßig zur verdeckten Gewinnausschüttung. Teilweise vertritt die Literatur hierzu eine andere Auffassung. Das SG Münster testet die BFH-Rechtsprechung mit einem neuen Urteil vom 25.07.2019, gegen das Revision eingelegt wurde. Das Verfahren ist beim BFH anhängig unter dem Az. I R 41/19.

Verdeckte Gewinnausschüttung (vGA)

Unter einer verdeckten Gewinnausschüttung (vGA) nach § 8 Abs. 3 S. 2 KStG ist bei einer GmbH eine Vermögensminderung (verhinderte Vermögensmehrung) zu verstehen, die

  • durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist,
  • sich auf die Höhe des Unterschiedsbetrages gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG i.V.m. § 8 Abs. 1 KStG auswirkt und
  • in keinem Zusammenhang zu einer offenen Ausschüttung steht.

Außerdem muss der Vorgang geeignet sein, bei dem begünstigten Gesellschafter einen Bezug i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG auszulösen (BFH, Urteil 07.08.2002, I R 2/02).

Eine Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis ist anzunehmen, wenn die GmbH ihrem Gesellschafter einen Vermögensvorteil zuwendet, den sie bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einem Nichtgesellschafter nicht gewährt hätte (st.R. des BFH, vgl. Urteil vom 18.03.2009 I R 63/08; Urteil vom 08.10.2008, I R 61/07; Urteil vom 23.10.2013, I R 89/12; Urteil vom 11.11.2015, I R 5/14).

Ist der Begünstigteein beherrschender Gesellschafter, so kann eine vGA auch dann anzunehmen sein, wenn die Kapitalgesellschaft eine Leistung an ihn oder an eine ihm nahe stehende Person erbringt, für die es an einer klaren, im Voraus getroffenen, zivilrechtlich wirksamen und tatsächlich durchgeführten Vereinbarung fehlt (st. Rechtsprechung des BFH, vgl. Urteil vom 17.12.1997, I R 70/97; Urteil vom 27.03.2001, I R 27/99; Urteil vom 23.10.2014, I R 60/12).

BFH: Gehalt und Pension gleichzeitig grundsätzlich vGA

Bei Pensionsleistungen an den Geschäftsführer einer GmbH vertritt der BFH die Auffassung, dass die Altersbezüge vor allem den Versorgungsbedarf des Geschäftsführers bei Wegfall der Gehalts aus der Anstellung decken sollen. Besteht der Geschäftsführeranstellungsvertrag fort und werden gleichzeitig Altersbezüge geleistet, wird der eigentliche Zweck der betrieblichen Pensionszusage und Altersvorsorge verfehlt (BFH, Urteil vom 05.03.2008, I R 12/07). Angesichts des Zwecks der Altersvorsorge würde ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsführer einer GmbH entweder verlangen, dass das Gehalt aus der Tätigkeit als Geschäftsführer auf die Versorgungsbezüge angerechnet wird, oder aber der vereinbarte Eintritt des Versorgungsfalles bis zur endgültigen Beendigung der Geschäftsführungstätigkeit aufgeschoben wird (BFH, Urteil vom 23.10.2013, I R 60/12; Urteil vom 05.03.2008 , I R 12/07).

Literatur: Gehalt und Pension gleichzeitig nicht zwingend vGA

In der Literatur wird die Rechtsprechung des BFH unter anderem mit dem Argument kritisiert, dass die Pension durch die Tätigkeit in der Vergangenheit erdient sei und die Gesellschaft ein eigenes Interesse an der Weiterbeschäftigung des Geschäftsführers habe. Darüberhinaus tritt durch die Weiterarbeit des Geschäftsführers kein finanzieller Nachteil für die GmbH ein, da sie sich die Zahlung eines Gehalts an einen neuen Geschäftsführer neben der Zahlung der Pensionsleistungen an den bisherigen Geschäftsführer erspart (s. Neumann in Rödder/Herlinghaus/Neumann, KStG, § 8 Rz. 1037; Lang in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, KStG, § 8 Abs.3 Teil D Rz. 688, 688d, 688e). Zum Teil wird die Rechtsprechung des BFH grundsätzlich geteilt, die Gehaltszahlung auf neuer vertraglicher Grundlage aber dann als unschädlich angesehen, wenn das neue Gehalt und die Altersbezüge nicht zu einer Überversorgung führen, d.h. 75 % der früheren Aktivbezüge nicht übersteigen (Rengers in Blümich, KStG, § 8 Rz. 744).

Urteil des FG Münster vom 25.07.2019

Ausgangsbasis für das Urteil des FG Münster vom 25.07.2019 (Az. 10 K 1583/19 K) war ein Streitfall, in dem das Anstellungsverhältnis des Geschäftsführers mit dem Erreichen des Pensionsalters beendet war und auf Basis eines neuen Anstellungsvertrages wieder auflebte. Es liegt keine unveränderte Weiterbeschäftigung vor. Die Voraussetzungen für den Pensionsanspruch waren nach dem Inhalt der erteilten Pensionszusage vor Abschluss des neuen Anstellungsvertrages erfüllt. Der neue Anstellungsvertrag tritt somit neben den Pensionsanspruch und berührt nicht den zivilrechtlichen Anspruch aus der Pensionszusage.

Für den neuen Anstellungsvertrag mit Gehalt bei gleichzeitiger Pensionszahlung ist daher der allgemeine Fremdvergleich dahin anzustellen, ob das Gehalt bei der gegebenen gleichzeitigen Zahlung zweier Leistungen anzurechnen ist (entweder das Gehalt auf die Pension oder umgekehrt, je nachdem, welcher Bestandteil gewichtiger ist).

Im konkreten Einzelfall ist auch unter Beachtung der Grundsätze des BFH der Fremdvergleich als gewahrt anzusehen und die Zahlung des Geschäftsführergehaltes neben den Pensionsleistungen nicht als gesellschaftlich veranlasste Vorteilszuwendung einzuordnen. Es liegt keine verdeckte Gewinnausschüttung vor.

Im Streitfall war das Geschäftsführeranstellungsverhältnis beendet. Anschließend hat die GmbH entsprechend der Versorgungsregelung die Pensionsleistungen erbracht, ohne dass von vornherein eine spätere Wiederbestellung und Anstellung als Geschäftsführer geplant oder zu erwarten gewesen wäre.

Auch bei späterer Neueinstellung besteht zwar ein Zielkonflikt zwischen Versorgungsbezügen und Gehalt. Im vorliegenden konkreten Einzelfall ist aber zusätzlich einzubeziehen, dass die erneute Geschäftsführertätigkeit allein im Interesse der Klägerin erfolgte und das vereinbarte neue Geschäftsführergehalt ganz erheblich unter den früheren Gesamtbezügen liegt (26 % der vorherigen Gesamtbezüge).

Das FG Münster verweist darauf, dass die besonderen Umstände im Streitfall eine differenzierte Betrachtung erforderlich machen. Aus meiner Sicht greift das FG Münster aber einige Argumente der Literatur auf, mit denen die REchtsprechung des BFH grundsätzlich kritisiert werden.


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