Rechtsanwalt Udo Schwerd

Udo Schwerd
81379, München
Rechtsgebiete
Steuerrecht Handelsrecht und Gesellschaftsrecht Erbrecht
24.02.2018

Ermittlung der Zahlungsunfähigkeit einer GmbH (Passiva II)

Der BGH hat in seinem Urteil vom 19.12.2017 zur Ermittlung der Zahlungsunfähigkeit einer GmbH anhand einer Liquiditätsbilanz entschieden, dass bei der Vorschau auf die kommenden drei Wochen nicht nur die innerhalb dieses Zeitraums fällig werdenden Forderungen einzubeziehen sind, sondern auch die innerhalb von drei Wochen nach dem Stichtag fällig werdenden und eingeforderten Verbindlichkeiten (sog. Passiva II). Hintergrund des Rechtsstreits war eine Schadensersatzklage des Insolvenzverwalters gegen den Geschäftsführer der GmbH gem. § 64 S. 1 GmbHG, da dieser nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit weitere Zahlungen über das Bankkonto der Gesellschaft veranlasste. Zwischen den Parteien war u.a. streitig, in welchem Umfang die Verbindlichkeiten der Gesellschaft bei Aufstellung einer Liquiditätsbilanz zu berücksichtigen waren.

Zahlungsunfähigkeit einer GmbH

In dem o.g. Urteil vom 19.12.2017 (Az. II ZR 88/16) hat der BGH nochmals die Grundsätze zur Ermittlung der Zahlungsunfähigkeit einer GmbH erläutert:

Von der Zahlungsunfähigkeit einer GmbH ist danach regelmäßig auszugehen, wenn im Rahmen einer geordneten Gegenüberstellung der zu berücksichtigenden fälligen Verbindlichkeiten und liquiden Mittel  (in Form einer Liquiditätsbilanz) die Liquiditätslücke 10 % oder mehr beträgt, sofern nicht ausnahmsweise mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist, dass die Liquiditätslücke demnächst vollständig oder fast vollständig geschlossen wird und den Gläubigern ein Zuwarten nach den besonderen Umständen des Einzelfalles zuzumuten ist (vgl. auch BGH, Urteil vom 24. Mai 2005 • IX ZR 123/04, BGHZ 163, 134, 145; Beschluss vom 27. Juli 2006 • IX ZB 204/04, BGHZ 169, 17 Rn. 16; Urteil vom 12. Oktober 2006 • IX ZR 228/03, ZIP 2006, 2222 Rn. 27 f.; Urteil vom 6. Dezember 2012 • IX ZR 3/12, ZIP 2013, 228 Rn. 19).

Aufstellung einer Liquiditätsbilanz

Bei der Aufstellung einer solchen Liquiditätsbilanz hat der Geschäftsführer der GmbH im Anschluss an dieses Urteil des BGH folgende Grundsätze zu beachten:

  1. Eine Zahlungsunfähigkeit (nicht nur eine vorübergehende Zahlungsstockung) liegt vor, wenn die Gesellschaft nicht in der Lage ist, sich innerhalb von drei Wochen die zur Begleichung der fälligen Forderungen benötigten finanziellen Mittel zu beschaffen und die Liquiditätslücke auf unter 10 % zurückzuführen (vgl. BGH, Urteil vom 24. Mai 2005 • IX ZR 123/04, BGHZ 163, 134, 138 ff.; Urteil vom 21. Juni 2007 • IX ZR 231/04, ZIP 2007, 1469 Rn. 37).
  2. Diese Beurteilung ist allein anhand objektiver Umstände vorzunehmen (vgl. BGH, Urteil vom 24. Mai 2005 • IX ZR 123/04, BGHZ 163, 134, 140; Urteil vom 12. Oktober 2006 • IX ZR 228/03, ZIP 2006, 2222 Rn. 28).
  3. In die zur Feststellung der Zahlungsunfähigkeit aufzustellende Liquiditätsbilanz sind auf der Aktivseite neben den verfügbaren Zahlungsmitteln (sog. Aktiva I) die innerhalb von drei Wochen flüssig zu machenden Mittel (sog. Aktiva II) einzubeziehen und
  4. zu den am Stichtag fälligen und eingeforderten Verbindlichkeiten (sog.Passiva I) sowie den innerhalb von drei Wochen fällig werdenden und eingeforderten Verbindlichkeiten (sog. Passiva II) in Beziehung zu setzen.

Bislang war es noch ungeklärt, ob im Rahmen der 3-Wochen-Frist nur die flüssig zu machenden Mittel (Aktiva II) oder auch die innerhalb von drei Wochen fällig werdenden und eingeforderten Verbindlichkeiten (Passiva II) einzubeziehen sind. Dies hat der BGH nunmehr bejaht, so dass in Zukunft auch die fällig werdenden und eingeforderten Verbindlichkeiten (Passiva II) bei der 3-Wochen-Vorschau einzubeziehen sind.

Geschäftsführerhaftung

Dies führt zu einer deutlichen Verschärfung der Geschäftsführerhaftung, da die aufzustellende Liquiditätsbilanz zeigen muss, dass die Liquiditätslücke auch unter Berücksichtigung der fällig werdenden Verbindlichkeiten im Laufe der 3-Wochen-Frist geschlossen werden kann.

Dem Geschäftsführer einer GmbH sind Zahlungen und Vermögensschmälerungen nach Eintritt der Insolvenzreife untersagt. Ein Verstoß hiergegen führt gem. § 64 S. 1 GmbHG zur persönlichen Haftung der Geschäftsführer. Entsprechende Regelungen existieren für die GmbH & Co. KG in §§ 130a, 177a HGB und für die Aktiengesellschaft in §§ 92 Abs. 2, 93 Abs. 3 Nr. 6 AktG.


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