In Deutschland hat die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht infolge der Corona-Krise eine Pleiteweile vorerst abgewendet. Zunächst wurde die Aussetzung bis zum 30.09.2020 befristet. Es ist jedoch damit zu rechnen, dass die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht bis zum 31.12.2020 verlängert wird. Experten rechnen daher erst in 2021 mit einem Anstieg der Unternehmensinsolvenzen.
Inhalt:
- Aussetzung der Insolvenzantragspflicht infolge der Corona-Krise
- Herausragende Bedeutung des Jahresabschlussses zum 31.12.2019
- Verlängerung des Aussetzungszeitraums
1. Aussetzung der Insolvenzantragspflicht
Mit dem Gesetz zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht vom 27.03.2020 (BGBl. I 2020 S. 569) hat der Gesetzgeber die Insolvenzantragspflicht infolge der Corona-Krise vorübergehend ausgesetzt.
Nach § 1 COVInsAG ist die Insolvenzantragspflicht gem. § 15a InsO und § 42 Abs. 2 BGB vorübergehend bis zum 30.09.2020 ausgesetzt.
Voraussetzungen für vorübergehende Aussetzung der Insolvenzantragspflicht:
Die Aussetzung gilt nicht in folgenden Fällen:
- Insolvenzreife beruht nicht auf den Folgen der Ausbreitung des SARS-CoV-2-Virus (COVID-19-Pandemie);
- Es bestehen keine Aussichten auf Beseitigung der bestehenden Zahlungsunfähigkeit.
War der Schuldner am 31.12.2019 nicht zahlungsunfähig (doppelte Verneinung), gilt eine doppelte Vermutungsregel:
- Insolvenzreife beruht auf den Auswirkungen der COVID-19-Pandemie.
- Es bestehen Aussichten darauf, eine bestehende Zahlungsunfähigkeit zu beseitigen.
Die Geschäftsführer antragspflichtiger Unternehmen sollen dadurch die Gelegenheit erhalten, die corona-bedingte Krise und die damit verbundene Zahlungsunfähigkeit durch
- Inanspruchnahme staatlicher Hilfen oder
- im Wege der Sanierung
abzuwenden. Erhalten die von der COVID19-Pandemie betroffenen Unternehmen in diesem Zeitraum neue Kredite, sind diese nicht als sittenwidriger Beitrag zur Insolvenzverschleppung anzusehen.
2. Herausragende Bedeutung des Jahresabschlussses zum 31.12.2019
Geschäftsführer müssen sorgfältig darauf achten, dass der Jahresabschluss zum 31.12.2019 keine Zweifel an der Zahlungsfähigkeit der Gesellschaft erweckt. Ferner darf sich aus dem Jahresabschluss auch keine rechtliche Überschuldung ergeben, da sich Geschäftsführer anderenfalls nicht auf die Folgen der Aussetzung gem. § 2 Abs. 1 COVInsAG berufen können. War die GmbH oder UG haftungsbeschränkt bereits zum 31.12.2019 überschuldet oder gar zahlungsunfähig, geht die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht ins Leere.
Geschäftsführer sollten die Ursachen für eine Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung der Gesellschaft bis zum Ende des Aussetzungszeitraums sorgfältig dokumentieren. Diesbezüglich geht es auch darum, das Risiko der persönlichen Haftung für Zahlungen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung gem. § 64 GmbHG zu minimieren.
3. Verlängerung der Aussetzungszeitraums
Mit der Regelung in § 4 COVInsAG wurde das Bundesjustizministerium ermächtigt, die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht und die Regelung zum Eröffnungsgrund bei Gläubigerinsolvenzanträgen durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates bis zum 31.03.2021 zu verlängern.
Die Große Koalition hat sich nach Medienberichten offenbar darauf verständigt, die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht bis zum 31.12.2020 zu verlängern. Allerdings soll die Verlängerung nur den Unternehmen zugute kommen, die bis 30.09.2020 ihre Zahlungsfähigkeit wieder herstellen konnten. Man kann also davon ausgehen, dass viele Gesellschaften die Corona-Krise nur mittels Gesellschafterdarlehen überstehen werden.
Im Falle der Zahlungsunfähigkeit ab 01.10.2020 wären Geschäftsführer dann wieder zum Insolvenzantrag innerhalb von drei Wochen verpflichtet. Das würde wohl den Beginn der unvermeidlichen Pleitewelle schon im IV. Quartal 2020 manifestieren.
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