Zwischen der Lufthansa und den Erben der Opfer des Germanwings-Absturzes herrscht momentan heftiger Streit über die Höhe der Schmerzensgeldbeträge.
Betrachtet man die nachfolgende Entscheidung des Oberlandesgerichts (OLG) Oldenburg, wird deutlich, dass in Deutschland die Bäume nicht in den Himmel wachsen, wenn es um Schmerzensgeldforderungen von Angehörigen geht.
Je kürzer ein Opfer bei einer tödlichen Messerattacke leidet, desto weniger muss der Täter später mit hohen Schmerzensgeldzahlungen an die Hinterbliebenen rechnen. Dies entschied das OLG Oldenburg in einem am Donnerstag, 30.07.2015, bekanntgegebenen Urteil (AZ: 2 U 105/14). Die Oldenburger Richter verurteilten damit einen Jugendlichen wegen tödlicher Messerstiche auf einen 22-Jährigen zu 7.500,00 € Schmerzensgeld. Die Hinterbliebenen des Opfers hatten 50.000,00 € verlangt.
Hintergrund des Rechtsstreits war ein verhängnisvoller Vorfall am 18.09.2011 gegen 2.00 Uhr in Osnabrück. Der 22-jährige alkoholisierte Sohn der Kläger traf dabei auf eine Gruppe Jugendlicher. Es kam zu einem „Rempler“ und Beleidigungen mit einem 17-Jährigen.
Die Jugendlichen fielen daraufhin über den 22-Jährigen her. Der 17-Jährige stach mit einem Messer dem Mann in den Rücken und dann in den Mittelbauch. Dieser sank daraufhin blutend und schwer verletzt zu Boden. Nach acht Minuten wurde er bewusstlos. Ohne das Bewusstsein wiedererlangt zu haben, starb der 22-Jährige an seinen schweren Verletzungen.
Der 17-Jährige wurde 2012 zu siebeneinhalb Jahren Jugendstrafe verurteilt.
Die Eltern des Opfers forderten von ihm als dessen Erben ein Schmerzensgeld in Höhe von 50.000,00 €. Das Landgericht Osnabrück sprach ihnen noch 40.000,00 € zu.
Doch das OLG hielt die Schmerzensgeldhöhe in seinem Urteil vom 09.06.2015 für viel zu hoch. Es reduzierte das Schmerzensgeld auf 7.500,00 €. Zur Begründung führten die Oldenburger Richter aus, dass für den Tod an sich und den Verlust an Lebenserwartung nach dem Gesetz keine Entschädigung vorgesehen sei.
Die Höhe des Schmerzensgeldes bei einer Körperverletzung, an deren Folgen das Opfer stirbt, richte sich vielmehr an der „Schwere der Verletzungen, das durch sie bedingte Leiden, dessen Dauer, das Ausmaß der Wahrnehmung der Beeinträchtigung durch den Verletzten und der Grad des Verschuldens des Schädigers“, so das OLG.
Hier habe der Verstorbene zwischen erlittener Messerattacke und dem Eintreten der Bewusstlosigkeit nur kurz – maximal acht Minuten – gelitten. Auch sei nicht bewiesen, dass der Sohn der Kläger den Tod habe kommen sehen. Daher sei nur ein Schmerzensgeld von 7.500,00 € angemessen.
Ich gehe davon aus, dass sich Lufthansa und die Angehörigen wohl außergerichtlich einigen werden. Neben den Schmerzensgeldzahlungen werden auch die materiellen Entschädigungsforderungen eine große Rolle spielen.
Wie der beschriebene Fall zeigt, ist jedenfalls vor Gericht nicht viel zu erwarten, wenn es um Schmerzensgeldforderungen im Zusammenhang mit Tötungsdelikten geht.
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