Rechtsanwalt Thorsten Blaufelder

Kanzlei Blaufelder
71638, Ludwigsburg
26.02.2016

Mama des Mitbewohners muss raus

TrueffelpixBewohner einer studentischen Wohngemeinschaft sollten nicht ohne Absprache mit den Mitbewohnern ihre Mutter zum Aufpassen während des Urlaubs in die WG lassen. Denn die verbliebenen Bewohner können die Mutter jederzeit zum Verlassen der Wohnung auffordern, wie das Oberlandesgericht (OLG) Hamm in einem am Mittwoch, 24.02.2016, bekanntgegebenen Urteil entschied (AZ: 11 U 67/15). Folgt sie dem nicht, kann danach auch die Polizei das Hausrecht der Mitbewohner durchsetzen.

Im konkreten Fall wohnte der seinerzeit 26-Jährige Sohn mit seiner Freundin und einem weiteren Studenten in einer Wohngemeinschaft (WG) in Dortmund. Als Sohn und Freundin im August 2012 in den Urlaub wollten, bat er seine Mutter, auf sein WG-Zimmer aufzupassen und seine Haustiere zu versorgen – zwei kleine Katzen und ein Meerschweinchen.

Mit dem dritten WG-Bewohner war dies allerdings nicht abgesprochen. Und der war schon nach einem Abend von seiner neuen Mitbewohnerin genervt. Im Gemeinschaftszimmer kam es zum Streit ums Fernsehprogramm, zudem habe die Mutter zu laut Musik gehört, beschwerte sich der Student.

Doch seinem Wunsch, die Wohnung zu verlassen, kam die Mutter nicht nach. So wandte sich der Student an die Polizei. Zwei Beamte nahmen sich der Sache an. Nachdem geklärt war, dass der Student in der Wohnung gemeldet war, die Mutter aber nicht, forderten auch die Polizisten sie zum Verlassen der Wohnung auf.

Doch die Frau weigerte sich standhaft. Zur Unterstützung hatte sie ihren Ehemann herbeigerufen. Als sie diesen einlassen wollte, kam es zu einem Tumult an der Wohnungstür. Dabei fasste einer der Polizisten die Frau am Arm und, so jedenfalls ihre Darstellung, drückte sie gegen die Wohnungstür. Erst danach gab die Mutter auf und ging.

Die entsetzte Mutter hielt das Vorgehen der Polizei für rechtswidrig. Sie habe „schmerzhafte Prellungen und Hämatome“ erlitten und verlangte vom Land Nordrhein-Westfalen ein Schmerzensgeld in Höhe von 1.200,00 €.

Doch wie schon das Landgericht Hagen wies nun auch das Oberlandesgericht (OLG) Hamm die Klage ab. Die Beamten seien berechtigt gewesen, einen „Platzverweis“ auszusprechen und diesen dann auch „mit unmittelbarem Zwang durchzusetzen“. Wenn es dabei tatsächlich zu leichten Verletzungen gekommen sein sollte, seien diese nicht Folge eines Fehlverhaltens der Polizisten, sondern der Weigerung der Mutter, der polizeilichen Anordnung zum Verlassen der Wohnung zu folgen.

Denn die Mutter habe das Hausrecht des Studenten verletzt. Daher habe er sie der Wohnung verweisen dürfen. Dass sie von ihrem Sohn die Schlüssel bekommen hatte, ändere daran nichts. Zwar habe der Sohn seiner Mutter erlauben dürfen, seine Haustiere zu versorgen. Er habe ihr aber keinen Daueraufenthalt über mehrere Tage auch in den Gemeinschaftsräumen erlauben dürfen.

Zur Begründung verwiesen die Hammer Richter auf den Charakter einer studentischen Wohngemeinschaft. Die Bewohner seien hier „regelmäßig jüngere Erwachsene in einer vergleichbaren Lebenssituation“. Der Daueraufenthalt von Angehörigen einer anderen Generation auch in den Gemeinschaftsräumen sei einer solchen WG fremd. Zudem suchten die Mitglieder einer WG neue Mitbewohner in der Regel gemeinsam aus. Dies lasse es nicht zu, einen Bewohner, auch nur für Tage, „durch seine Mutter auszutauschen“.

Auch den Polizisten sei nichts vorzuwerfen. Sie hätten das Hausrecht des Mitbewohners durchsetzen dürfen. Den Tumult, währenddessen es zu den behaupteten Verletzungen kam, habe die Mutter selbst verursacht, weil sie ihrem Ehemann unzulässig Zutritt zu der Wohnung verschaffen wollte.

In seinem Urteil vom 22.01.2016 ließ das OLG offen, wer der Hauptmieter der WG-Wohnung war. Darauf komme es für das Hausrecht nicht an.

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