Das Deutsche Rote Kreuz kann Mitglieder seiner Schwesternschaften nicht dauerhaft an andere Krankenhäuser verleihen. Im Verleih gelten die Rot-Kreuz-Schwestern als Arbeitnehmerinnen, für die nach derzeitigem Recht nur eine vorübergehende Überlassung zulässig ist, entschied am Dienstag, 21.02.2017, das Bundesarbeitsgericht (BAG) in Erfurt (AZ: 1 ABR 62/12). Danach kann der Betriebsrat einer Dauerbeschäftigung widersprechen.
Bundesweit arbeiten nur etwa 2.000 der insgesamt 20.000 DRK-Schwestern in DRK-eigenen Kliniken. Die übrigen 18.000 sind in anderen Krankenhäusern beschäftigt.
Auch die Ruhrlandklinik in Essen, ein Lungenzentrum des Universitätsklinikums Essen, hatte mit der Schwesternschaft des Roten Kreuzes einen solchen „Gestellungsvertrag“ geschlossen. Danach sollte die Schwesternschaft der Klinik mehrere Krankenschwestern überlassen. Diese sollten zu den dort üblichen Bedingungen beschäftigt werden. Die Schwesternschaft sollte hierfür die Personalkosten und eine Verwaltungskostenpauschale von drei Prozent erhalten.
Der Betriebsrat verweigerte seine Zustimmung, weil die Einstellung nicht nur vorübergehend sein sollte. Das Gesetz lasse aber eine dauerhafte Arbeitnehmerüberlassung nicht zu.
Die Rot-Kreuz-Schwesternschaft ist allerdings ein eingetragener Verein ohne Gewinnabsicht. Als Mitglied des Vereins sind die Krankenschwestern des Roten Kreuzes nach deutschem Recht formal keine Arbeitnehmer.
Daher meinte die Ruhrlandklinik, die üblichen Regelungen für Leiharbeit würden hier nicht gelten.
Das Bundesarbeitsgericht (BAG) in Erfurt legte den Streit dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg vor.
Der betonte am 17.11.2016, dass die EU-Leiharbeitsrichtlinie „Arbeitnehmer“ weiter definiert (AZ: C-216/15). Ein reguläres Arbeitsverhältnis und ein Arbeitsvertrag seien danach nicht erforderlich. Ein „Beschäftigungsverhältnis“ reiche aus, sofern die Beschäftigten aufgrund ihrer Arbeitsleistung wie Arbeitnehmer schutzbedürftig sind. Das entspreche auch dem Ziel der Richtlinie, denn der Schutz für Leiharbeitnehmer könne sonst unterlaufen werden.
Ein Beschäftigungsverhältnis sei hier offenkundig gegeben. Die Luxemburger Richter gingen auch von einem arbeitnehmerähnlichen sozialen Schutz der Rot-Kreuz-Schwestern aus, weil sie in die gesetzliche Sozialversicherung eingebunden sind und auch Vorschriften wie etwa die Lohnfortzahlung bei Krankheit für sie gelten. Letztlich müsse dies aber das BAG prüfen, so der EuGH.
Voraussetzung der Anwendbarkeit der EU-Leiharbeitsrichtlinie ist nach dem Luxemburger Urteil zudem eine „wirtschaftliche Tätigkeit“ des „Leiharbeitsunternehmens“. Laut EuGH steht dem aber nicht entgegen, dass die Rot-Kreuz-Schwesternschaft ein eingetragener Verein ohne Gewinnabsicht ist. Der Verein betreibe die Überlassung von Pflegepersonal gegen ein „Gestellungsentgelt“, das die Personal- und die Verwaltungskosten umfasst. Dies sei bereits als „wirtschaftliche Tätigkeit“ anzusehen.
Gestützt darauf gab nun das BAG dem Betriebsrat recht. „Bei der Gestellung der DRK-Schwester handelt es sich um Arbeitnehmerüberlassung“, entschied die Erfurter Richter. Weil diese länger geplant war als gesetzlich zugelassen, habe der Betriebsrat seine Zustimmung verweigern dürfen.
Zur Begründung erklärte das BAG, das deutsche Recht sei EU-konform auszulegen. Daher liege eine Arbeitnehmerüberlassung „auch dann vor, wenn ein Vereinsmitglied gegen Entgelt bei einem Dritten weisungsabhängig tätig ist und dabei einen Schutz genießt, der – wie bei den DRK-Schwestern – dem eines Arbeitnehmers entspricht“.
Unterdessen bahnt sich eine politische Entschärfung des Problems an, nachdem DRK-Präsident Rudolf Seiters vergangene Woche mit Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) über das Thema gesprochen hatte. Dabei war besprochen worden, dass die DRK-Schwestern zwar dem Arbeitnehmerüberlassungsgesetz unterliegen, von der Befristung für die Arbeitnehmerüberlassung auf 18 Monate aber ausgenommen werden sollen. Ob dies mit EU-Recht vereinbar ist, ist allerdings fraglich, weil die EU-Richtlinie nur eine „vorübergehende“ Arbeitnehmerüberlassung zulässt, ohne allerdings eine konkrete Grenze zu setzen.
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