Rechtsanwalt Thorsten Blaufelder

Kanzlei Blaufelder
71638, Ludwigsburg
27.04.2016

Die Berufsgenossenschaft spinnt doch, könnte man meinen…

MH…,wenn man sich diesen Fall und die Argumentation der BG betrachtet: Wer beim Weg zur Arbeit sein Hof- oder Garagentor schließt, steht dabei unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung. Dies sei letztlich Teil des Arbeitsweges oder allenfalls eine versicherungsunschädliche geringfügige Unterbrechung, wie das Hessische Landessozialgericht (LSG) in Darmstadt in einem am Dienstag, 26.04.2016, bekanntgegebenen Urteil entschied (AZ: L 3 U 108/15).

Es gab damit einem Schulhausmeister aus Hanau recht. An einem vereisten Tag im Januar 2013 machte er morgens gegen 6.15 Uhr das Hoftor seines Grundstücks auf, um zur Arbeit zu fahren. Er fuhr sein Auto aus dem Hof und stieg dann aus, um das Hoftor wieder zu schließen. Dabei rutschte er auf dem eisglatten Asphalt aus und stürzte auf seine rechte Schulter. Dabei verletzte er sich schwer. Als Folge ist die Schulter nur noch eingeschränkt beweglich, was zu einer Minderung der Erwerbsfähigkeit um 30 Prozent führte.

Doch die Berufsgenossenschaft wollte den Sturz nicht als Wegeunfall entschädigen und keine Erwerbsminderungsrente zahlen. Schließlich sei der Hausmeister ja nicht mehr auf seinem Weg zur Arbeit gewesen. Vielmehr sei er „aus privaten Gründen“ aus seinem Auto ausgestiegen und Richtung Wohnung zurückgelaufen.

Doch ganz so kleinlich lässt sich der Weg zur Arbeit nicht auseinanderdividieren, betonte nun das LSG Darmstadt. Wie jeden Arbeitstag habe der Hausmeister morgens seine Wohnung verlassen und das Hoftor aufgeschlossen, um zur Arbeit zu fahren. Das Schließen des Hoftors und die wenigen Schritte dorthin zurück seien dabei eine „eingeschobene Verrichtung“ von weniger als einer halben Minute Dauer. Dies stehe auch sachlich „im inneren Zusammenhang“ mit dem Weg zur Arbeit.

Das gesamte und täglich gleiche Geschehen bei der Abfahrt sei daher „als natürliche Einheit zu sehen“, heißt es in dem Urteil. Danach würde Gleiches etwa auch gelten, wenn ein Arbeitnehmer aus seinem Auto aussteigt, um das Garagentor zu schließen.

Den Einwand, der Hausmeister habe sein Hoftor aus der privaten Motivation heraus schließen wollen, um sein Eigentum zu schützen, ließ das LSG nicht gelten. Selbst wenn man die Abfahrt nicht als einheitlichen Vorgang betrachte, sei das Schließen des Hoftores allenfalls eine „geringfügige Unterbrechung“ des Arbeitsweges. Die maßgebliche „Handlungstendenz“ sei weiterhin der Weg zur Arbeit gewesen. Von einer „versicherungsschädlichen Zäsur“ könne jedenfalls nicht die Rede sein, befand das LSG in seinem auch bereits schriftlich veröffentlichten Urteil vom 02.02.2016. Insbesondere habe der Hausmeister nicht ganz zum Haus zurückgehen wollen, um sich dann neu auf den Weg zu machen.

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