Der in Passau auf dem privaten Nibelungenplatz geplante „Bierdosen-Flashmob für die Freiheit“ darf nicht von dem Eigentümer verboten werden. Bei der am Montag stattfindenden Veranstaltung können damit die Flashmob-Teilnehmer auf das Kommando „Für die Freiheit – trinkt AUS!“ eine Dose Bier austrinken, entschied das Bundesverfassungsgericht in einem Beschluss vom Sonntag, 19.07.2015 (AZ: 1 BvQ 25/15). Die Karlsruher Richter gaben damit dem Antrag der Veranstalter auf einstweilige Anordnung statt.
Bei sogenannten Flashmobs treffen sich Menschen scheinbar spontan auf öffentlichen oder halböffentlichen Plätzen. Tatsächlich werden die Aktionen über das Internet oder per SMS initiiert. Die Flashmob-Teilnehmer verabreden sich zu einer bestimmten Zeit und Ort zu unpolitischen Aktionen – wie einer Kissenschlacht vor dem Kölner Dom im Jahr 2009 – oder auch zu politischen Auseinandersetzungen, wie beispielsweise im Rahmen eines Arbeitskampfes.
So hatte die Gewerkschaft Verdi am 08.12.2007 zu einem Flashmob in einem bestreikten Supermarkt aufgerufen. Die Teilnehmer sollten jeweils einen Ein-Cent-Artikel kaufen und so die Kassen blockieren.
Im jetzt entschiedenen Fall planen die Veranstalter des „Bierdosen-Flashmobs für die Freiheit“ eine Aktion für Montag, den 20.07.2015, zwischen 18.15 Uhr bis 18.30 Uhr.
Auf dem Nibelungenplatz in Passau, an dem Arztpraxen, Cafés, Geschäfte, ein Supermarkt und ein Kino liegen, sollen sich nach Angaben der Veranstalter rund 140 Personen treffen und auf das Schwinden des staatlichen Gewaltmonopols und der zunehmenden Beschränkung von Freiheitsrechten hinweisen.
Die Flashmob-Teilnehmer sollen dann mit dem Kommando „Für die Freiheit – trinkt AUS!“ eine Dose Bier öffnen und austrinken. Anschließend soll ein Redebeitrag mit anschließender Diskussion folgen.
Der Nibelungenplatz steht jedoch im Eigentum eines Unternehmens. Dass die Teilnehmer ihre Freiheit per Bierdose ausdrücken, wollte der Eigentümer nicht hinnehmen und erteilte ein Hausverbot.
Das Amts- und Landgericht Passau bestätigten das Verbot. Der Veranstalter dürfe damit auch nicht über Facebook für den „Bierdosen-Flashmob“ werben. Es drohten eine Vielzahl Betrunkener und eine „Vermüllung“ des Platzes. Das Eigentumsgrundrecht des Unternehmens überwiege das Recht des Veranstalters auf Versammlungsfreiheit.
Das Bundesverfassungsgericht stellte jedoch klar, dass die Versammlungsfreiheit auch für private, aber öffentlich zugängliche Grundstücke in Betracht komme. Hier sei der Nibelungenplatz nach den Feststellungen des Landgerichts ein „Raum des Flanierens, des Verweilens und der Begegnung, der dem Leitbild des öffentlichen Forums entspricht“.
Bislang gebe es noch keine gefestigte Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, inwieweit eine öffentliche Versammlung auf einem öffentlich zugänglichen aber in privater Hand gehaltenen Grundstück möglich sein muss.
Die Versammlungsfreiheit der Veranstalter müsse letztlich mit dem Eigentumsgrundrecht des Unternehmens abgewogen werden. Hier träfe das Hausverbot den Antragsteller schwer, da die Versammlung mit dem Hausverbot faktisch nicht möglich sei. Eine gleichwertige Beeinträchtigung der Eigentumsrechte des Unternehmens bestehe dagegen nicht. Der Flashmob-Veranstalter werbe zudem nur über Facebook und habe das Bereitstellen von Ordnern zugesichert.
Dem Antrag auf einstweilige Anordnung sei daher stattzugeben. Allerdings könne der Flashmob-Veranstalter nicht verlangen, dass alle Videokameras auf dem Nibelungenplatz abgeschaltet werden. Es fehle bereits an Angaben, um welche Kameras es sich handelt und wie die Aufnahmen verwendet werden.
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