Über den Spruch „Wir geben ihrer Zukunft ein Zuhause: JVA“ können Angeklagte eines Strafprozesses wohl nicht lachen. Einem Strafrichter, der dies auf seiner Facebook-Seite verbreitet und dabei auch noch auf seinen Beruf verweist, fehlt es an der inneren Haltung der „gebotenen Neutralität“, stellte der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe in einem am Dienstag, 23.02.2016, veröffentlichten Beschluss klar (AZ: 3 StR 482/15). Er hob damit die Verurteilung von zwei Angeklagten wegen erpresserischen Menschenraubs auf.
Die Männer waren vom Landgericht Rostock zu acht Jahren beziehungsweise fünf Jahren und zehn Monaten Gefängnis verurteilt worden. Doch in dem Verfahren war offenbar der Wurm drin. Der BGH hatte es wegen Rechtsfehlern an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. Diese hielt die Verurteilung der Angeklagten aufrecht.
Doch ein Anwalt eines Angeklagten rügte, dass der Vorsitzende Richter wohl nicht so neutral in seiner Urteilsfindung, sondern befangen sei. Er verwies auf die private Facebook-Seite des Richters. Dieser hatte dort ein Foto von sich veröffentlicht, auf dem er mit einem Bierglas in der Hand auf einer Terrasse sitzt; dabei hat er ein T-Shirt an mit der Aufschrift: „Wir geben ihrer Zukunft ein Zuhause: JVA“.
Damit die Facebook-Besucher nicht im Unklaren über die Tätigkeit des Mannes auf dem Foto gelassen werden, hatte er dort noch „2. Große Strafkammer bei Landgericht Rostock“ vermerkt. Im Kommentarbereich legte der Strafrichter noch einmal mit den Worten „Das ist mein ‚Wenn du raus kommst, bin ich in Rente‘-Blick“ nach. Ein Besucher hatte dies mit den Worten „… sprach der schwedische Gardinen-Verkäufer“ kommentiert. Dies wurde von dem Richter und einer weiteren Person „geliked“.
Dienstlich wollte sich der Strafrichter nicht zu seinen „privaten Lebensverhältnissen“ äußern. Die Strafkammer wies am 28.01.2015 die Ablehnungsgesuche der Angeklagten als unbegründet zurück.
Doch der BGH fand den Facebook-Auftritt des Strafrichters in seinem Beschluss vom 12.01.2016 nicht lustig. Die dortigen Aussagen würden die „voreingenommene innere Haltung“ des Richters dokumentieren. Danach beurteile er Strafverfahren nicht objektiv, „sondern habe Spaß an der Verhängung hoher Strafen und mache sich über die Angeklagten lustig“, heißt es in dem Karlsruher Beschluss. Der Internetauftritt sei „mit der gebotenen Haltung der Unvoreingenommenheit eines im Bereich des Strafrechts tätigen Richters nicht zu vereinbaren“, zumal er eindeutig auf seine berufliche Tätigkeit als Vorsitzender Richter hinweise.
Das Strafverfahren muss nun von einem anderen Landgericht neu aufgerollt werden.
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