Meditation sollte die unheilbare Erkrankung Mukoviszidose bei einem Zwölfjährigen heilen. Weil der sogenannte „Guru von Lonnerstadt“ und seine Lebensgefährtin deren Sohn nicht die notwendige medizinische Behandlung haben zukommen lassen, ist die vom Landgericht Nürnberg-Fürth verhängte dreijährige Freiheitsstrafe nicht zu beanstanden, urteilte der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe in einem am Dienstag, 04.08.2015, (AZ: 1 StR 624/14). Die Verurteilung wegen schwerer Misshandlung von Schutzbefohlenen sei rechtsfehlerfrei.
Nach den Feststellungen des Landgerichts war die 49-jährige und allein sorgeberechtigte Angeklagte 1999 mit ihrem damals zwölfjährigen, an Mukoviszidose erkrankten Sohn und zwei weiteren Geschwistern zu Gerhard L. gezogen. Dieser ist in den Medien als „Guru von Lonnerstadt“ bekanntgeworden. Der 55-jährige sieht sich selbst als „Lehrer der zeitlosen Weisheit“. Der Kontakt des Sohnes zum leiblichen Vater hatte das Paar strikt unterbunden.
Trotz der Mukoviszidose-Erkrankung des Jungen haben die Angeklagten ihm drei Jahre lang die notwendigen Medikamente und Behandlungen wissentlich vorenthalten. Sie überließen dem Jungen selbst die Entscheidung, ob er seine Therapie fortsetzen will oder nicht. Dem Zwölfjährigen war dabei laut Urteil des Landgerichts die Tragweite seiner Entscheidung nicht bewusst. Gerhard L. stellte vielmehr dem Jungen in Aussicht, dass er bis zum 18. Geburtstag geheilt werde. Er müsse dazu mehrmals täglich meditieren und fasten.
Folge der fehlenden medizinischen Behandlung war nach drei Jahren eine massive Unterernährung und teilweise ein irreversibler Funktionsverlust der Lunge. Der Junge konnte kaum noch laufen. Hätte sein leiblicher Vater ihn nicht aus der esoterischen Gemeinschaft herausgeholt, wäre der Schüler bei weiterer Nichtbehandlung innerhalb weniger Wochen gestorben. Als der WDR eine Dokumentation über den vermeintlichen „Sekten-Guru“ im November 2012 ausstrahlte, stellte der Sohn schließlich Strafanzeige gegen seine Mutter und Gerhard L.
Das Landgericht wertete das Verhalten von Mutter und Gerhard L. als „bedingt vorsätzliches Quälen durch Unterlassen“, da sie dem Kind – notfalls auch gegen dessen Willen – die notwendige medizinische Behandlung nicht haben zukommen lassen. Die Eltern seien schließlich für das Wohl der Kinder verantwortlich.
Die Beweiswürdigung des Landgerichts, insbesondere auch der bedingte Vorsatz der Angeklagten, sei nicht zu beanstanden, stellte nun der BGH fest. Sowohl das Urteil als auch das Strafmaß seien „rechtsfehlerfrei“. Damit ist die dreijährige Haftstrafe des Paares rechtskräftig.
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