Rechtsanwalt Thomas Brunow

Prof. Dr. Streich & Partner
10115, Berlin
Rechtsgebiete
Strafrecht Verkehrsrecht
03.08.2012

Vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis nach Fahrerflucht?

Wer eine Verkehrsstraftat -wie beispielsweise Trunkenheit im Verkehr gemäß § 316 StGB oder Fahrerflucht gemäß § 142 StGB- begeht, kann auch schon während des Ermittlungsverfahrens in der Strafsache der Führerschein vorläufig entzogen werden, § 69 StGB. Dies geschieht in der Regel dann, wenn nach der Art und Schwere der Tat zu erwarten ist, dass dem Beschuldigten später im Strafverfahren die Fahrerlaubnis entzogen werden wird.  Über einen solchen Fall hatte das LG Aurich jüngst in einem Beschluss zu entscheiden (12 Qs 81/12). Hier war der spätere Beschuldigte bei einem Bahnübergang gegen eine Bahnschranke gefahren. Dabei war an dem Schrankenantrieb ein Schaden von 5.600,00 € entstanden. Nachdem dem Beschuldigten zunächst Passanten zur Hilfe geeilt waren, setzte dieser seine Fahrt zu einer Werkstatt fort. Erst 40 Minuten später, nachdem eine Passantin den Unfall bei der Polizei angezeigt hatte, meldete sich der Beschuldigte persönlich auf der örtlichen Polizeidienststelle und gab seine Verantwortung für den Unfall an der Bahnschranke vollumfänglich zu. Das zuständige Amtsgericht hatte dem Beschuldigten daraufhin im laufenden Verfahren den Führerschein vorläufig entzogen. Dieser Entscheidung trat das LG Aurich in seinem Beschluss vom 06.07.2012 entgegen. Zwar sah das Gericht den Tatbestand der Fahrerflucht als erfüllt an und damit verbunden einen dringenden Tatverdacht gegen den Beschuldigten, der eine vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 69 StGB rechtfertigen würde. Es würdigte allerdings auch das nachträgliche Aufklärungsverhalten des Beschuldigten. Aus Sicht des Gerichts war der Beschuldigte von Anfang an entschlossen, sich als Unfallverursacher erkennen zu geben und den Schaden zu begleichen. Das LG Aurich sah daher im Ergebnis von der vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis ab. Es sei allerdings nochmals darauf hingewiesen, dass der Beschuldigte durch das vorzeitige Verlassen des Unfallortes, ohne die Feststellung seiner Personalien zu ermöglichen, den Tatbestand der Fahrerflucht verwirklicht hat. Wegen dieses Vergehens muss er sich weiter vor Gericht verantworten.

Rechtsanwalt für Verkehrsrecht